Sonntag, 31. März 2013

Die große Reise des Chaim Jahudin zum Mittelpunkt der Erde, der Geschichte 19. Teil, Ort, die sowjetische Garnison in O / Unterkunft von Chukin Lepzin am Morgen des 11. Tages.

Chukin Lepzin trauerte um einen guten Freund. Nein, nicht um Oberst Vadim Sokolow, seinen ehemaligen Ausbilder, der war ihm über die Jahre nicht so ans Herz gewachsen, er trauerte um Bai Marko Bella, den Bulgaren, den Chefpiloten der Antonov 225 und seiner Crew.
Wie lange kannte er ihn eigentlich schon, den lustigen großen Typen aus dem sonnigen Bulgarien, der ihm manchmal wie ein Mädchen in seiner ganzen Art vorkam, der ihn immer auf ihren Feindeinsätzen ins Cockpit holte, um eine gute Flasche Wein zu köpfen, so einen der feurig – süßen Melnik-Weine, die er in schöner Regelmäßigkeit aus seiner Heimat mitbrachte. Und war er nicht ein ganz stolzer Mann aus Thrakien, so wie dieser Spartakus, der sogar aus seinem Dorf, diesem früheren Meduis und der heutigem Stadt Sandanski zu entstammen schien, so wie er einmal erzählte? Sein herzhaftes Lachen wird ihm in Zukunft fehlen, sein Optimismus, aber auch in noch so verzwickter Situation nicht zu verzagen, und stets den Überblick behalten zu haben, auch wenn schon die Weinflasche auf längeren Flügen durch eine Andere ersetzt worden war.
Was war überhaupt geschehen am Morgen vor drei Tagen, als sie diesen Abdul Sulaiman, dem Älteren, dem König unter den Gefürchteten an diesem Staudamm im Sulaimantal das Handwerk legen sollten?
Das hatte er noch nie erlebt und die bösen Zeiten in Nordvietnam kamen ihn in den Sinn, wo er aber eigentlich immer nur in der Beobachterrolle Tot und Elend des Krieges hautnah miterlebt hatte.
Die Fallschirme der Männer öffneten in mehreren hundert Metern Höhe, da hörten sie eine Explosion über sich und die große Antonov verwandelte sich in einen Feuerball und stürzte in einem Trümmerregen weit von ihnen zu Boden. Das musste eine Raketenbauart so ähnlich unserer Fla- Raketen gewesen sein, die den schweren Vogel mitsamt seinem Freund und dem Oberst vom Himmel geholt hatte und eine unbändige Wut stieg in ihm auf ob dieser Ratte Sulaiman und seinen amerikanischen Helfern. Er würde sie zerquetschen, zermalen wie Mehl zwischen seinen großen Händen, da war es sich so sicher wie das Amen in der Kirche. Der Rückweg war somit abgeschnitten und da fiel ihm eine Randnotiz ein, die der Aufklärer, dieser Iwan Thunterhorschof immer an den Rand der Unterlagen kritzelte. Das war so eine Macke von ihm….er schrieb etwas, wie…“es ist nicht euer Krieg, Männer, es ist der Krieg des Charlie Wilsunse und seinen Stinger-Raketen.“ und dann waren da noch eine Menge Abkürzungen…Chukin hasste Abkürzungen von diesem Thunderhorschof und der war wohl nur zu faul, um auszuschreiben. Nein, eine Stinger war das nicht, dieses neumodische kleine Zeug, was ein Mann alleine von der Schulter abschießen konnte, das Ding musste mehr Power haben.
„Und wer war verdammt noch mal Charlie Wilsunse?“ Chukin zerbrach sich noch am Fallschirm hängend den Kopf, aber er kam nicht darauf, und beschloss, sollte er das hier alles lebend überstehen, er würde sich diesen Iwan auf der nächsten Klassenfeier Zuhause im fernen Moskau greifen und ihn ausquetschen wie eine Zitrone. Denn dummerweise ging der Schlaukopf noch in seine damalige Klasse und es gab schon damals nichts, was der Knabe nicht wusste, nur bei den Mädchen, da machte er immer einen Rückzieher, der kleine Feigling…aber Chukin konnte den Gedanken nicht zu Ende bringen, denn der Erdboden näherte sich rasend schnell und er sah seine Männer sofort Deckung suchen, denn es feuerte aus allen Ecken und Leuchtspurgeschosse zischten an ihm bedrohlich nahe vorbei..
Und er sah auch bereits leblose Körper der Kämpfer an Fallschirmen hängen, die ungebremst auf den Boden auf schlugen , und der Schmerz zerriss ihn fast innerlich, die Männer so sterben zu sehen.
Noch nicht mal die fairsten Regeln der Kriegsführung wurden hier eingehalten von diesen rebellischen Mudschahedin aber sofort kam sekundenschnell noch ein zweiter Gedanke, der ihn selber an seiner eigenen Aussage zweifeln ließ…“.Krieg, befand man sich überhaupt schon im Krieg mit diesem Volk?“
„ In was für einen Hexenkessel waren sie diesmal geraten“, und er suchte hinter der schweren Technik Schutz, die Sekunden vor ihnen an den riesigen Lastenfallschirmen relativ sanft aufgeschlagen war. Jetzt war er froh, den ganzen stählernen Krempel mitgenommen zu haben und nicht auf Kandows Rat eingegangen war, unnützen Ballast Zuhause zu lassen.
Die Männer sammelten sich um ihn, krochen aus allen Richtungen heran und die Motoren der Luftlandepanzer heulten auf, die Ketten lösten sich von ihren stählernen Transportschlitten und mahlten sich im afghanischen Boden ganz langsam vorwärts, um den Männern dahinter Schutz zu bieten, die mit ihnen auf die Feuernester am Rande des Tales zurobbten. Ohrenbetäubende Abschüsse aus einem halben Dutzend Panzerrohren zerfetzten den schon nicht mehr so stillen Morgen und Chukin war Soldat genug um sein Handwerk sofort zu beginnen..
Dieses Unternehmen endete trotz alledem in einem Fiasko, denn Sulaiman, dieser Wirrkopf musste wohl die Zündschnüre verwechselt haben und sprengte sich und den Staudamm in die Luft und sie konnten von Glück sagen, im höher gelegenen Gebiet wie der Wasserspiegel des Staussee gelandet zu sein, denn Chukin konnte für sein Leben nicht schwimmen.
Nur das wiederum wusste Iwan nicht…ja, wer war nun der Feigling von uns Beiden, und Chukin musste schmunzeln bei dem Gedanken
Das fiel ihm aber erst am Abend ein, als die schweren Kampfhubschrauber sie wieder aus dem Tal ausflogen, die man in der Not angefordert hatte.
Einen Wehmutstropfen gab es noch, denn aus einem Nebenarm der Bergschluchten, die sie umgab, startete ein Doppeldecker…wohl der Waffenlieferant der afghanischen Kämpfer und sein bester Schütze der Einheit gab Dauerfeuer mit seinem schweren Maschinengewehr und holte ihn vom Himmel.
In den Trümmern fand man die Papiere der Zitrone, dieses Captn John Eric Deltain, diesem amerikanischen Agenten mit deutscher Abstammung und noch einen Schuhkarton mit Glückwunschkarten für einen gewissen „Berliner“ zu seiner 2000sten Lieferung von Sturmgewehren.
„ Na warte, dachte Chukin, wenn ich dich kriege, doch da fiel ihm der Satz dieses amerikanischen Präsidenten ein, der so in Etwa lautete: „Ich bin ein Berliner“, und Bilder von dieser Frontstadt Berlin kamen ihm in den Sinn, er sah die jubelnde Menge und sein Zorn verrauchte sofort wieder, denn der Mann hatte es ja damals ehrlich gemeint, so sagte einmal der Pope Stawri auf einer seiner Predigten und Chukin ging gern in die Kirche, nur um öfters mal die Seele baumeln zu lassen.
Da fiel ihm ein, er wollte noch zu Dina, sie in ihrem Schmerz um ihren Mann trösten und er zog die Stiefel über aber mitten in der Bewegung hielt er inne…er war sich jetzt schon nicht mehr so sicher, ob sie seinen Trost überhaupt noch brauchte?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen