Montag, 28. Januar 2013

Die große Reise des Chaim Jahudin zum Mittelpunkt der Erde, der Geschichte 6.Teil.
Ort, das Dorf Z. unmittelbar im 500-Meter Schutzstreifen am Nachmittag des siebenden Tages.

Er hatte den großen Bauernhof inspiziert, und er war sehr gründlich dabei. Das dieses hohe Hoftor keinen direkten Einblick auf den großen Dreiseitenhof zuließ, gab ihm eine gewisse Ruhe. Er kam sich vor wie in einer Burg, es fehlten nur noch die Horden vom großen Dschingis-Khan , über den er in seiner Kindheit die Bücher nur so verschlungen hatte und er, der junge russische Krieger Chaim Jahudin bereitete schon einmal in den Sümpfen von Nowgorod die Verteidigung vor. Aber hier waren keine Sümpfe und er wusste nur zu gut, das dies nicht die Lösung seiner Odyssee sein konnte und er dachte an die Worte von seinem Oberst, seines Ausbilders“ Genosse Jahudin, sie Hitzkopf, die besten Befestigungen können auch zur Mausefalle werden, dies haben die Erfahrungen aus der Zeit der Feldzüge des großen Khan klar und deutlich gezeigt“ und wie eine Maus wollte er nicht sterben, dann eher schon im freien Gelände mit dem Schwert in der Hand wie der Recke Kara- Kontschar.
Überhaupt erschien ihm das Dorf sehr ruhig und abgelegen zu sein, und wo er sich befand, darüber war er sich vollkommen im Klaren.
Schon in der gestrigen Nacht, als er vor diesem ersten Zaun von vielleicht zwei Metern Höhe stand und die Signalanlagen, Warnschilder, Spurenstreifen, überhaupt alle diese raffinierten Sperranlagen sah, die wohl nur das Vorspiel für noch etwas hinterhältigeres , so vielleicht Bodenminen waren, da war er sicher, das es nicht einfach werden würde.
Das also war dieses letzte Bollwerk vor diesen amerikanischen Imperialisten? Es kam ihm ein bisschen schwach, eher dürftig vor und er hatte mehr erwartet, zumindest eingegrabene Gefechtsstände, jede Menge Artillerie und Raketenabschussrampen, Panzer aber weit und breit war nichts davon zu sehen, und er beschloss trotz alledem weiterhin auf der Hut zu bleiben. Eine ganze Weile behielt er seine Position am Waldesrand in der Nähe einer Gasse bei, beobachtete eine Kradbesatzung, wie sie sich in ein Meldenetz einstöpselten, was wohl eine Art Verbindung zu einem bestimmten Punkt sein musste, woher sie ihre Befehle empfingen.
Er sah im Licht der spärlichen Beleuchtung die Vorgehensweise dieser deutschen Soldaten, ihre Spuren auf diesem groben Sandstreifen von etwa fünf Metern Breite zu beseitigen, er beobachtete die Befestigung der Signalgeräte, denn nur um solche musste es sich handeln. Er war ihnen so nah, er lauschte sogar ihrer Unterhaltung, aber er verstand nur Bruchstücke, Wortfetzen. Seine ruhige Hand dabei am Messer wartete er wie ein Gejagter auf seine Fänger, aber diese Fänger waren ahnungslos, scherzten miteinander in der Dunkelheit und gaben ihm keinen, nicht einen Grund , von seiner tödlichen Waffe Gebrauch zu machen.
.Dann lief er den Zaun ab, kurz nachdem sie in der Dunkelheit verschwunden waren ganz langsam, er suchte genau die Stelle, wo die Felder getrennt waren und er fand sie, nicht weit von der Gasse entfernt.
Alles andere war ein Kinderspiel, er war ein guter Sportler und seine Kleidung, die kurze Waffe und der eng am Körper anliegende Rucksack, der alles lebensnotwendige Notproviant und mehr enthielt, hinderten ihn nicht daran, den Zaun zu überwinden.
Nur über die Richtung der metallenen Bügel, die den Stacheldraht hielten, die auf der Oberkante der Betonpfähle in das Inland hinein ragten, da wunderte er sich, so als käme der Gegner aus dem Osten aber sie boten ihm einen guten Halt, als er sich mit einem Ruck an ihnen hochgezogen hatte.
Dann sprang er ins Dunkel, in das Walddickicht hinein und das noch rechtzeitig, denn ein Lichtkegel näherte sich schnell aus nördlicher Richtung, der sich als die Kradbesatzung von vorhin herausstellte, aber sie fuhren schnell vorbei.
Beim kleinsten Geräusch ging er heute früh hinter irgendeinem der vielen Gegenstände auf dem weiten Hof in Deckung, dann fand er den Ersatzschlüssel zur Wohnung, die auf der Ostseite lag. Das war ganz einfach, er brauchte nur die halbes Dutzend Blumenkübel neben der Tür ankippen..
Die kleine Wohnung war sehr aufgeräumt und er berührte alles mit seinen Fingern, verspielt, träumerisch, so als fühlte er, was sie, diese junge Frau fühlte, dann durchsuchte er in Ruhe die Schränke und Kommoden, die Küche nach Essbaren, ohne eine Spur zu hinterlassen, wenn er von etwas probieren wollte.
Im Keller fand er Konservengläser und hier half ihm die Vielzahl, sich nach sieben Tagen endlich einmal wieder richtig satt zu essen und er genoss es, so ausgehungert, wie er war.
Dieses breite Bett in ihrem kleinen Schlafzimmer enthielt nur ein Federbett und das Kinderbett stand nicht weit davon, er sah den großen Wecker, dessen leises ticken die Ruhe des Morgens unterbrach.
Im Schrank unter Handtüchern, Bettwäsche und Kleidung lagen jede Menge Seifenstücken mit einem betäubenden Duft, er las „Fa“ auf einer ihrer Verpackungen. Einen solchen Duft hatte er noch nie gerochen. Seine Nase wollte die Seife überhaupt nicht wieder loslassen und eines davon verschwand sofort in seiner Hosentasche.
Dann saß er mitsamt seiner Uniform in der großen Zinkwanne am Aufstieg zu seinem Versteck und über ihm im an einem Balken war eine Gieskanne mit einem Faden befestigt, es war wohl ihre Badestelle und er schrubbte Körper und Uniform, so als wollte er die Spuren der vergangen Tage abwaschen.
Er genoss den Duft der Seife, das kühle Wasser und er beseitigte mit Ruhe die Spuren seiner Badezeit.
Dann lag er nackt im Heu, seine Sachen zum trocknen in der Weite des Dachbodens sorgsam ausgebreitet, diese verdammte Hitze machte ihn schläfrig und die letzten Tage der Flucht verlangten ihren Tribut.
Dem Elitesoldaten Chaim Jahudin wurden die Augenlider schwer und Sekunden später hatte ihn der Schlaf übermannt.

Rainer-Maria Rohloff

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