Dienstag, 12. Februar 2013

Die große Reise des Chaim Jahudin zum Mittelpunkt der Erde, der Geschichte 12.Teil, Ort, das Sulaimantal in den Bergen Afghanistans im Morgengrauen des 8. Tages.

Der Einsatzbefehl kam kurz nach Mitternacht und Chuckin Lepzin kannte den Ablauf, der jetzt folgen musste, er kannte ihn gut aus unzähligen vorangegangnen Feindeinsätzen. Er strich der dunkelhaarigen Rada aus dem Sanitätsbataillon zärtlich über ihre vollen Brüste, die wie für ihn entblößt aus der offenen Bluse, die ihre einzige Nachtbekleidung zu sein schien, herausschauten, während ihr Gesicht im Schlaf zu lächeln schien, dann sprang er aus dem für sie Beide viel zu engen Soldatenbett.“ Der alte Krupp hatte wohl nie daran gedacht, dass auch mal ein Mädchen mit darin schlafen könnte“, das fiel ihm noch so ein, während er die Stiefel anzog. Aber stabil waren sie, die alten Eisenbetten, denn wenn er so an Radas wilde Reiterkünste dachte, und unwillkürlich musste er schmunzeln. Ja, er war schon ein potentes Kerlchen , den die Frauen liebten und es lag wohl daran, weil er dem Alkohol nicht gerade freundlich zur Seite stand. Denn sein Väterchen hatte immer gesagt:“ Halte dich fern von der Sauferei, mein Söhnchen, denn es schwächt die Lenden eines Mannes.“ Und der Alte musste es wohl wissen, wenn Chuckin an seine vierzehn Geschwister dachte, die alle etwas jünger wie er waren.
Aber für Gedanken an die Familie und zum Rasieren blieb keine Zeit, denn der UAZ seiner Genossen wartete schon mit laufendem Motor vor dem großen Hangar, wo er ein Zimmer mit seinem Freund Chaim Jahudin teilte und in der Ferne hörte er die Düsentriebwerke der schweren Antonov 225 in Ruhe sich warmlaufen.
Es waren nur wenige Minuten bis zur Villa aber was sie dort erwartete, war selbst seinen engsten Mitkämpfern zu viel
Die Männer sollten vorbereitet sein, das war ein glasklarer Befehl von Kandow und dann das und er sah die Blicke seiner Genossen, die mehr zu sagen schienen, als ihm als zweiter Kommandoführer lieb sein konnte.
Betrunkener ging es nicht, so lag der Oberst in seinem Bett und Dina stand mit verweinten Augen daneben. Zu viert fassten sie zu , schleppten ihn durch das breite Treppenhaus und hievten ihn wie einen Sandsack in den schweren Geländewagen, und er, der Betrunkene sollte solange im Fahrzeug verbleiben, das bekam der Jüngste unter ihnen als persönlichen Befehl aufs Butterbrot geschmiert, bis er seinen Vollrausch ausgeschlafen hatte. Dafür haftete er mit seinem Kopf, so schärften sie es ihm ein, und er wusste nur zu gut, was ihn bei Versagen von seinen eigenen Genossen erwartete.
So langsam ließ sich das Alkoholproblem ihres Ausbilders nicht mehr verbergen und trat in letzter Zeit offen zutage. Er, Chuckin musste mit Oberst Kandow reden, sonst konnte ihn die Sache selbst Kopf und Kragen kosten, und das war es nicht wert.
Die schwere Transportmaschine musste jetzt kurz vor ihrem Zielgebiet sein und Chuckin schaute auf seine Uhr, deren phosphorfarbenes Zifferblatt in der Dunkelheit grünlich leuchtete. Er spürte die Blicke der Männer in der Dunkelheit, die auf ihm zu ruhen schienen, er spürte ihre Ängste, ihre Anspannung, aber auch ihre Entschlossenheit und sie kannten ihn gut und wussten, das sie sich auf ihn verlassen konnten.
Vorhin, vor Minuten hatte er den Einsatzbefehl gelesen, sich mit den Zielkoordinaten vertraut gemacht, er las von einem Abdul Sulaiman, dem Älteren, der König unter den Gefürchteten und es war wohl der Bruder dieses ersten afghanischen Hitzkopfes, der fürchterliche Blutrache für den Tot des Jüngeren geschworen hatte und der mit seinen bärtigen Männern das große Wasserkraftwerk in der Nähe des Sulaimantales in einem kühnen Handstreich genommen hatte, um ein riesengroßes Loch in die Staumauer zu sprengen und somit die gesamte Anlage, die erst vor einem Jahr von russischen Spezialisten errichtet worden war, zu zerstören..
Das Ultimatum, in dessen Gegenzug er seine gefangenen Brüder freipressen wollte, dies war bis zum Mittag des heutigen Tages gesetzt.
Es blieb also genügend Zeit, um diesem älteren Hitzkopf in die Quere zu kommen, den Sprengstoff zu entschärfen, der wohl wieder von dieser amerikanischen Zitrone mit den Augen eines Frosches an die Kämpfer der Schienwari geliefert worden war, dessen Identität damals einer der afghanischen Kämpfer kurz vor seinem letztem Seufzer noch preisgegeben hatte.
Denn mit Klarnamen hieß dieser Mann des amerikanischen Geheimdienst Captn John Eric Deltain, das hatten die Aufklärer in einer Randnotiz vermerkt, und Chuckin rätselte vorhin, zu was diese Notiz gut sein könnte, aber dann verwarf er den Gedanken sofort wieder, denn es gab wichtigeres in diesem Moment.
Diese Afghanen waren schon ein wildes Völkchen, suchten stets den Kampf und Chuckin musste in der Dunkelheit jetzt lächeln und er sah, das auch die Männer zu lächeln schienen, so als übertrugen sich seine Gedanken auf sie und er hob die Faust mit dem Daumen nach oben und sie taten es ihm gleich, wie in stiller Übereinstimmung, wie eine Fußballmannschaft vor dem alles entscheidenden Spiel. Faust für Faust und Daumen um Daumen ging im Dämmerlicht der Innenbeleuchtung nach oben, wie ein unausgesprochener Schwur, der sie an die gemeinsame Sache zu binden schien., und eine Wärme erfasste sie, die das ungute Gefühl wie vor jedem Absprung in der Magengegend doch etwas abzumildern schien.
Noch vor Sonnenaufgang würden sie im Zielgebiet sein, und sein Funkspruch um alleinige Übernahme und Durchführung der Aktion war bereits von Oberst Kandow bestätigt worden mit dem strickten Befehl, ihn Vadim sofort zu binden, sollte er in seiner Volltrunkenheit die Aktion gefährden. wollen.
Er hatte den Gedanken noch nicht vollendet, da stand Vadim Sokolow vor ihm, er schwankte, stürzte zu Boden, erbrach sich vor seinen Füßen und Chuckin blickte in das hilflose Gesicht des jungen Genossen, dem die ganze Angelegenheit wohl vollkommen entglitten war.
Ein Wink von ihm, dem Kommandoführer und die Männer verfrachteten diesen Saufsack, der nur noch ein Abbild seiner früheren Aura war in den hinteren Teil des Frachtraumes. Sie banden ihn an eines der großen Frachtnetze, gut gesichert, um die Aktion nicht zu gefährden.
Dies alles würde Konsequenzen haben, da war er, Chuckin sich sicher, denn Oberst Kandow war kein Mann von Traurigkeit und in Gedanken sah er ihm, Vadim die Schulterstücken herunterreißen….. doch da leuchtete das Licht….das Zielgebiet war erreicht und fertigmachen zum Absprung, diese Aufforderung kam über die Lautsprecher.
Die Männer hakten die Karabinerhaken an dem langen Stahlseil ein und langsam öffnete die große Frachtklappe am Heck der Antonov 225.
Der kalte Luftzug erfasste sie, schüttelte sie durch und Minuten verstrichen, denn die schwere Technik ging vorneweg, dann folgten die Männer und wie Perlen an einer offenen Schnur sprangen sie in die Dunkelheit.

Rainer-Maria Rohloff

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