Die große Reise des Chaim Jahudin zum Mittelpunkt der Erde, der Geschichte 22. Teil, Ort, der Elbabschnitt Bahnlinie Büchen westwärts zur GÜST Horst am Nachmittag des 11. Tages.
„ Ist der Russe besoffen“, schrie Mario Stetlinger, der den LO gerade in den Straßengraben gelenkt hatte. Aber da war der alte hellgrüne SIL schon vorbei, der ihm in der lang gestreckten Rechtskurve nahe der Bootskompanie im Ortsteil Horst auf seiner Seite der
Fahrbahn im dichten Nebel entgegengekommen war. Das schwere Fahrzeug
neigte sich endgültig wie im Zeitlupentempo nach rechts und kippte auf
den weichen Waldboden der Grabenböschung und dem Gefreiten zitterten jetzt noch die Hände und sein Nebenmann, der Unteroffizier Walter Pittironski kletterte über ihn hinweg, weil sich die Beifahrertür nicht mehr öffnen ließ. Der Motor lief noch. Es war eine gespenstige Situation und hinten auf der Pritsche jaulten die Hunde, diese beiden Rüden von Schäferhunden, die sie gerade an der Trasse am Elbhang gewechselt hatten, denn ihnen war das ganze metallene Zeug von Laufseilen und sonstigem Kram schmerzhaft um die kurzen Ohren geflogen und ans Fell gegangen.
Der Unteroffizier löste hastig und mit fahrigen Händen die Verriegelung der Ladeklappe, die sich gerade noch so öffnen ließ und befreite die Hunde aus diesen ganzen Wirrwahr, dann band er sie an einen der vielen Tannen, an denen sie gerade noch vorbeigeschrammt waren.
„ Das waren doch die Russen aus dem Erdloch“, diesem Erdbunker bei Bickhusen meinte Walter zum Gefreiten, der um das Fahrzeug herumlief, um dann an der Seilwinde zu hantieren, aber gleichzeitig nach dem nächsten größeren Baum auf der anderen Straßenseite Ausschau zu halten.
„
Das ist mir Scheiß egal, Uffz. Pittironski“, rief Stetlinger
aufgebracht und mein schöner LO, gerade erst von Grabow wieder zurück
und dann das…Mann so ein Mist noch mal.
„ Jetzt kann ich wieder zu
den Sackis (Offiziere) in das verdammte Regiment zum Reparieren fahren,
wieder drei Wochen wie beim letzten Mal und nur voller Sackgang dort
und immer saubere Kragenbinde und Stiefel putzen und Betten bauen und
braune Tasse statt ordentlicher Kaffeetasse,… ich halte das nicht aus so
kurz vorm Heimgang.“
„Tröste dich“, meinte Walter Pittironski mit traurigem Unterton in der Stimme, ich muss noch bis Ende 79 hier aushalten.
„
Selber Schuld, Uffz, warum bist du auch so blöd und hast damals
unterschrieben, nur weil du studieren wolltest und das hättste auch
hinterher machen können, ohne hier gleich aufzukohlen“ meinte Stetlinger
ohne großes Bedauern in der Stimme.
„ Los, fass mit an, die
Seilwinde raus und an den Baum da drüben, ja, den Dicken dort , diese
Eiche und dann pass auf, das keiner kommt, sonst rasieren wir hier noch
einem die Rübe runter.“ Nimm die Taschenlampe, die liegt im Handschuhfach und schwenke sie, wenn einer in der Nebelsuppe auftaucht“
„ Wer soll schon kommen in der menschenleeren Ecke hier, die Boote auf der 7ten in Horst schlafen wie die Babys, die waren in der Nachtschicht und unsere sind im Abschnitt und der Büdingermann, der Alte mit dem Trecker, den hab ich heute früh schon auf dem ZT den K6 bei der Bahnlinie umpflügen sehen.
„ Da musste dich täuschen“, sagte Stetlinger, sein Sohn, der Ricardo macht das jetzt, der fährt mit dem Trecker wie einem Panzer, der verrückte Kerl.
„ Will vielleicht mal Panzerfahrer werden“, meinte Walter, und lachte.
Eine geschlagene Viertelstunde später stand der LO wieder auf der Straße und bis auf Grasspuren, verbogenem Spiegel und viel Dreck waren keine größeren Schäden zu sehen. Eben robuste Technik ist das und gut, das es nur aufgeweichter Waldboden ist, dachte der Gefreite beruhigt und er würde mit dem Schirrmeister Albatroschke, dem Sachsen reden, ob man das alles wieder auf der Kompanie reparieren könnte?
Der Russe war sowieso weg, sollte sich doch der Meldepunkt damit rumärgern, Pittironski hatte zwar noch Tage wie Sau, aber er konnte reden, der konnte dem Alten das Ganze verklickern.
Der Fahrer des kleinen sowjetischen Militärlastkraftwagens hatte mittlerweile die Kleinstadt Boizenburg hinter sich gelassen und gab auf der langen Geraden Gas. Seine großen Hände fassten das Lenkrad so fest, das die
Fingerknöchel weiß hervortraten und sein starrer Blick in den dichten
Nebel ließ weiter nichts Gutes erahnen. Arvi Olev Zermattan beobachtete
ihn unbemerkt von der Seite, immer darauf bedacht, die Wut dieses Russen nicht auf sich zu ziehen, sonst, so wusste er würde er es heute Abend in der Garnison bitter büßen.
Er , Arvi Olev, der Este Zermattan kannte die Gründe für diese Ausraster des älteren Luftaufklärers , mit dem er schon wochenlang in dieser gut getarnten 3D-Funkmeßstation an der kleinen Landstraße nach Nostorf seinen Dienst an vorderster Linie versah. Der
war wie eine tickende Zeitbombe, dieser Danila Kurfürnowitsch, er
wurde ihm langsam unheimlich in seinem Zorn, alles und jeden auf seinen
täglichen Heimfahrten in die Garnison nach Ludwigslust niederwalzen zu wollen und irgendwann würde das noch mal böse enden.
Anderthalb
Jahre war sie Beide nun schon in dieser Deutschen Demokratischen
Republik und er konnte sich wirklich nicht mehr erinnern, wie es Zuhause
überhaupt aussah, wenn nicht über die wöchentlichen Briefe in die Heimat der Kontakt doch etwas aufrecht erhalten wurde.
Anfangs spielten sie noch Schach miteinander und der Russe war ein wirklich konzentrierter Gegner aber in letzter Zeit waren seine Nerven wie Gitarrenseiten, die überdreht kurz vorm zerreisen waren und sein schönes Spiel mit den hölzernen Figuren lag jetzt öfters in der Ecke des feuchten Bunkers, der
ihm immer öfter wie ein Gefängnis vorkam, und mit einem Wutschrei
stürzte Kurfürnowitsch immer zur eisernen Tür und knallte sie gegen den
blanken Beton, wenn die Partie für ihn verloren war.
Dann stand er lange draußen, wie in Gedanken versunken und starrte auf diesen hohen Streckmetallzaun, der in vielleicht einhundert Metern von ihnen sich endlos von Süden nach Norden zog und Arvi hätte doch zu gern seine Gedanken in diesen Momenten erraten.
Dabei schätzte er dessen Intelligenz, auch einmal über den Tellerrand drüberzublicken, über Sachen zu reden, für die in der Garnison nicht der richtige Platz war und wer sollte sie schon in ihrem kleinen Bunker belauschen, denn die „Belauscher“ des westlichen grenznahen Luftraumes waren sie doch selber.
Er wusste nur zu gut, der Flugweg einer F-4 „ Phantom“ beträgt in 20 Sekunden 8 km. Und ein strategischer Aufklärer, der nur 30 Sekunden zu
spät aufgeklärt wird, er legt in dieser Zeit etwa 20-25 km zurück, also
hieß es wachsam sein in ihrem kleinen verdammten muffigen Erdloch aber
ebenso wachsam musste Arvi gegenüber dem Russen sein.
„ Der plante doch Etwas, nur über das Was, da war er sich noch nicht so sicher“. Der junge Sowjetsoldat und Este Arvi Olev Zermattan beschloss auch weiterhin Augen und Ohren offen zu halten.
Dann fielen im durch die Wärme des Motors und das gleichmäßige Singen der Reifen auf dem Asphalt die Augen zu. Er sah nicht mehr den Blick des Russen, der ihn von der Seite wie ein Jäger die Beute ansah, der nur darauf wartete, bis diese Beute in seinem Zielfernrohr auftauchte.
Geschichten eines Gastes
Samstag, 11. Mai 2013
Sonntag, 14. April 2013
Die große Reise des Chaim Jahudin zum Mittelpunkt der Erde, der Geschichte 21. Teil, die sowjetische Garnison in O. am Vormittag des 11. Tages.
Oberst Konstantin Kandow fühlte eine warme Hand, die seine kleine Kinderhand ganz fest hielt. Er träumte, er war ein Knabe von vielleicht fünf Jahren und die Mutter zog ihn mehr als ihm lieb sein konnte über eine lange Dorfstraße, deren Ende er nicht übersehen konnte, da Feuer und Qualm die Umgebung völlig verdunkelten, das aus den einfachen russischen Holzhäusern zu kommen schien, die wie ein Spalier die staubige Dorfstrasse zu beiden Seiten eingrenzten. Er hörte Kanonendonner, welcher aus der Ferne zu kommen schien und sah Menschen in panischer Hast mit ihnen rennen. Unzählige Stimmen drangen an sein Ohr, Mütter riefen mit Angst in der Stimme nach ihren Kindern und er sah seinen Großvater Artjom, einen kleinen aber kräftigen blonden Mann mit dem Gewehr in der Hand ihnen zuwinken, so als sollten sie zu ihm kommen aber sein Großvater stand weit entfernt, zu weit entfernt und die Mutter schrie ihm etwas zu, was wie…“ Rette dich und kämpfe“ klang, aber der Großvater schien es nicht zu hören, der alte fast taube Mann und auf einmal waren da Soldaten mit ihren gefleckten Tarnanzügen unter ihnen und einer von ihnen mit vielen Sommersprossen im Gesicht versuchte die Mutter zu packen aber sie kratzte und biss, sie spuckte ihm ins Gesicht doch ein furchtbarer Schlag traf sie beide und schleuderte sie zu Boden und auf einmal war da ein Raum und er hörte die Mutter leise wimmern und er sah Männer, auch diese Sommersprossen über ihr und hörte dessen und der Männer höhnisches Lachen.
Er wollte sich die Ohren ganz fest zuhalten, aber das ging nicht, denn seine kleinen Hände waren an das Bettgestell gebunden, so das sie schmerzten, er sah ganz nah die staubigen Stiefel der Männer aus feinsten Leder und Minuten wurden zu Stunden und der Tag wechselte über in die Nacht und das Wimmern der Mutter hatte aufgehört, schon eine ganze Weile aufgehört.
Auf einmal waren seine Hände frei und er suchte die Hand der Mutter, die über den Bettrand hing, aber er fühlte ihre Eiseskälte und die Angst krampfte sein Herz zusammen und eine Stille war im Raum, nur von ferne hörte man den Donner der schweren Geschütze..
Der Knabe, der er war schlief ein und die Szene wechselte und irgendjemand schien ihn zu tragen und sein Kopf schlug gegen den Köcher eines langen Bogens, er roch den vertrauten Geruch des Vaters und er sah Männer mit ihnen laufen und Einer zwinkerte ihm zu, wie um ihm Mut zu machen und er sah die anderen Männer in ihren gefleckten Tarnanzügen links und rechts des Weges aufgereiht liegen, nur die Stiefel fehlten an ihren Füssen, so als hätte man ihnen die Lust aufs marschieren für immer genommen. Aus ihren toten starren Augenhöhlen kamen Hände und fassten nach ihm so wie vorher nach der Mutter aber der Mann der ihn trug schlug sie mit seinem langen russischen Schwert , was in der Dunkelheit blitzte wie das Wetterleuchten am Horizont kraftvoll und zugleich leicht ab, so als mähte er wie ein Schnitter mit der Sense des Todes und seine Wärme übertrug sich auf ihn, er klammerte sich an ihn und er fühlte sich wieder geborgen wie in einem riesigen Getreidefeld im Sommer zur Erntezeit.
Und so liefen sie und das Getreidefeld endete und eine Brücke, deren Pfeiler in der Mitte mit ihren stolzen Bogen im Wasser zu liegen schienen, tat sich vor ihnen auf, und entlang ihrer Uferböschung standen Unmengen Pferdefuhrwerke vollgeladen mit Sack und Pack und Menschen über Menschen. Panzer zwischen ihnen verstärkten diese bedrohliche Kulisse, er sah Kinder so alt wie er mit Angst in den Augen und auf einmal begann er zu frieren, denn der eisige Wind aus dem Osten wirbelte riesige Schneeflocken auf und schien sich auf dem großen Fluss zu einem gewaltigen Schneesturm zu entwickeln Da nahm der Mann ihn von den Schultern und hüllte ihn in einen riesigen weichen warmen Pelz und er sah junge Frauen so wie seine Mutter und Männer mit den Gesichtern von Mongolen, Usbeken, Tartaren, Ukrainer, Juden , Russen in der Uniform seines Großvaters, sie fassten nach den Frauen, die sich sträubten, kratzten, bissen und schrieen und er hörte das wimmern der Mutter unter diesen Frauen und auf einmal ward er selber dieser Mann mit dem Bogen und er hörte sich zu einer Frau an seiner Seite, die wie ein Kommissar in ihrer Lederbekleidung aussah sagen…Erschießen , lassen sie das Gesindel sofort erschießen, Genossin Sokolow und er sah in das ungläubige Gesicht der rothaarigen jungen Frau von Vadim Sokolow neben sich , das zu sagen schien…“aber es sind doch Väter so wie sie unter ihnen, gute Genossen und wertvolle Kämpfer … Genosse Oberst …und Berlin ist nicht weit, der Sieg wird unser sein“, doch wieder hörte er seine zornigen Worte…“haben sie meinen Befehl nicht verstanden „und dann, nach einer ganzen Weile sah er in die ungläubigen Gesichter der toten Mongolen, Usbeken; Tartaren, Ukrainer, Juden und Russen, die auf einmal vor ihm aufgebahrt lagen, in ihren Särgen in Blumen gebettet und wieder war er der Schnitter des Todes, aber er fühlte sich gut dabei., so als fiele eine unheimliche Last von ihm ab.
Nur die Stiefel, die hatte man ihnen auf ihrem letzten schweren Weg gelassen.
Eine Hand legte sich auf seine Schulter und er sah in das Gesicht von Vadim Sokolow, doch es schien irgendwie zu verschwimmen und die Hand ließ nicht los und schüttelte ihn…Konstantin war wach und sah in das Gesicht seines Adjutanten, des jungen Sonnylow Popow.
„ Sie hatten geschlafen, Genosse Oberst und die Besprechung mit diesem deutschen Genossen, diesem Alfred aus Berlin beginnt in exakt zehn Minuten“, dann nahm Sonnylow Haltung an und der Oberst winkte ab, der Adjutant verließ leise den Raum.
Er liebte diesen Jungen in seinem Auftreten und seiner ehrlichen Art und vielleicht würde er sein Nachfolger werden, aber es war ja noch Zeit bis dahin.
„Werde einer schlau aus diesen verdammten Deutschen und alles wollen sie immer ganz genau wissen“, dachte er so bei sich und er beschloss auf der Hut zu sein vor diesen deutschen Uniformen, die ihn doch allzu sehr an eine längst vergangene Zeit erinnerten
Nur den Traum, seinen Traum, den hatte er schon vergessen.
Ihm fielen die Worte des Großvaters ein…“Mach es wie die Reiter von Budjonny,“ nur was dieser gemacht hatte, das hatte der Alte nie gesagt und da er als Kind dessen Namen nicht richtig aussprechen konnte, kam immer ein „Buscho…ni“ heraus.
Er griff nach der Flasche Reiswein, die er von seinem letzten Besuch in Nordvietnam mitgebracht hatte, und schenkte das Wasserglas randvoll. Es wurde Zeit für den deutschen Genossen und im Stehen leerte er das Glas in einem Zug.
Oberst Konstantin Kandow fühlte eine warme Hand, die seine kleine Kinderhand ganz fest hielt. Er träumte, er war ein Knabe von vielleicht fünf Jahren und die Mutter zog ihn mehr als ihm lieb sein konnte über eine lange Dorfstraße, deren Ende er nicht übersehen konnte, da Feuer und Qualm die Umgebung völlig verdunkelten, das aus den einfachen russischen Holzhäusern zu kommen schien, die wie ein Spalier die staubige Dorfstrasse zu beiden Seiten eingrenzten. Er hörte Kanonendonner, welcher aus der Ferne zu kommen schien und sah Menschen in panischer Hast mit ihnen rennen. Unzählige Stimmen drangen an sein Ohr, Mütter riefen mit Angst in der Stimme nach ihren Kindern und er sah seinen Großvater Artjom, einen kleinen aber kräftigen blonden Mann mit dem Gewehr in der Hand ihnen zuwinken, so als sollten sie zu ihm kommen aber sein Großvater stand weit entfernt, zu weit entfernt und die Mutter schrie ihm etwas zu, was wie…“ Rette dich und kämpfe“ klang, aber der Großvater schien es nicht zu hören, der alte fast taube Mann und auf einmal waren da Soldaten mit ihren gefleckten Tarnanzügen unter ihnen und einer von ihnen mit vielen Sommersprossen im Gesicht versuchte die Mutter zu packen aber sie kratzte und biss, sie spuckte ihm ins Gesicht doch ein furchtbarer Schlag traf sie beide und schleuderte sie zu Boden und auf einmal war da ein Raum und er hörte die Mutter leise wimmern und er sah Männer, auch diese Sommersprossen über ihr und hörte dessen und der Männer höhnisches Lachen.
Er wollte sich die Ohren ganz fest zuhalten, aber das ging nicht, denn seine kleinen Hände waren an das Bettgestell gebunden, so das sie schmerzten, er sah ganz nah die staubigen Stiefel der Männer aus feinsten Leder und Minuten wurden zu Stunden und der Tag wechselte über in die Nacht und das Wimmern der Mutter hatte aufgehört, schon eine ganze Weile aufgehört.
Auf einmal waren seine Hände frei und er suchte die Hand der Mutter, die über den Bettrand hing, aber er fühlte ihre Eiseskälte und die Angst krampfte sein Herz zusammen und eine Stille war im Raum, nur von ferne hörte man den Donner der schweren Geschütze..
Der Knabe, der er war schlief ein und die Szene wechselte und irgendjemand schien ihn zu tragen und sein Kopf schlug gegen den Köcher eines langen Bogens, er roch den vertrauten Geruch des Vaters und er sah Männer mit ihnen laufen und Einer zwinkerte ihm zu, wie um ihm Mut zu machen und er sah die anderen Männer in ihren gefleckten Tarnanzügen links und rechts des Weges aufgereiht liegen, nur die Stiefel fehlten an ihren Füssen, so als hätte man ihnen die Lust aufs marschieren für immer genommen. Aus ihren toten starren Augenhöhlen kamen Hände und fassten nach ihm so wie vorher nach der Mutter aber der Mann der ihn trug schlug sie mit seinem langen russischen Schwert , was in der Dunkelheit blitzte wie das Wetterleuchten am Horizont kraftvoll und zugleich leicht ab, so als mähte er wie ein Schnitter mit der Sense des Todes und seine Wärme übertrug sich auf ihn, er klammerte sich an ihn und er fühlte sich wieder geborgen wie in einem riesigen Getreidefeld im Sommer zur Erntezeit.
Und so liefen sie und das Getreidefeld endete und eine Brücke, deren Pfeiler in der Mitte mit ihren stolzen Bogen im Wasser zu liegen schienen, tat sich vor ihnen auf, und entlang ihrer Uferböschung standen Unmengen Pferdefuhrwerke vollgeladen mit Sack und Pack und Menschen über Menschen. Panzer zwischen ihnen verstärkten diese bedrohliche Kulisse, er sah Kinder so alt wie er mit Angst in den Augen und auf einmal begann er zu frieren, denn der eisige Wind aus dem Osten wirbelte riesige Schneeflocken auf und schien sich auf dem großen Fluss zu einem gewaltigen Schneesturm zu entwickeln Da nahm der Mann ihn von den Schultern und hüllte ihn in einen riesigen weichen warmen Pelz und er sah junge Frauen so wie seine Mutter und Männer mit den Gesichtern von Mongolen, Usbeken, Tartaren, Ukrainer, Juden , Russen in der Uniform seines Großvaters, sie fassten nach den Frauen, die sich sträubten, kratzten, bissen und schrieen und er hörte das wimmern der Mutter unter diesen Frauen und auf einmal ward er selber dieser Mann mit dem Bogen und er hörte sich zu einer Frau an seiner Seite, die wie ein Kommissar in ihrer Lederbekleidung aussah sagen…Erschießen , lassen sie das Gesindel sofort erschießen, Genossin Sokolow und er sah in das ungläubige Gesicht der rothaarigen jungen Frau von Vadim Sokolow neben sich , das zu sagen schien…“aber es sind doch Väter so wie sie unter ihnen, gute Genossen und wertvolle Kämpfer … Genosse Oberst …und Berlin ist nicht weit, der Sieg wird unser sein“, doch wieder hörte er seine zornigen Worte…“haben sie meinen Befehl nicht verstanden „und dann, nach einer ganzen Weile sah er in die ungläubigen Gesichter der toten Mongolen, Usbeken; Tartaren, Ukrainer, Juden und Russen, die auf einmal vor ihm aufgebahrt lagen, in ihren Särgen in Blumen gebettet und wieder war er der Schnitter des Todes, aber er fühlte sich gut dabei., so als fiele eine unheimliche Last von ihm ab.
Nur die Stiefel, die hatte man ihnen auf ihrem letzten schweren Weg gelassen.
Eine Hand legte sich auf seine Schulter und er sah in das Gesicht von Vadim Sokolow, doch es schien irgendwie zu verschwimmen und die Hand ließ nicht los und schüttelte ihn…Konstantin war wach und sah in das Gesicht seines Adjutanten, des jungen Sonnylow Popow.
„ Sie hatten geschlafen, Genosse Oberst und die Besprechung mit diesem deutschen Genossen, diesem Alfred aus Berlin beginnt in exakt zehn Minuten“, dann nahm Sonnylow Haltung an und der Oberst winkte ab, der Adjutant verließ leise den Raum.
Er liebte diesen Jungen in seinem Auftreten und seiner ehrlichen Art und vielleicht würde er sein Nachfolger werden, aber es war ja noch Zeit bis dahin.
„Werde einer schlau aus diesen verdammten Deutschen und alles wollen sie immer ganz genau wissen“, dachte er so bei sich und er beschloss auf der Hut zu sein vor diesen deutschen Uniformen, die ihn doch allzu sehr an eine längst vergangene Zeit erinnerten
Nur den Traum, seinen Traum, den hatte er schon vergessen.
Ihm fielen die Worte des Großvaters ein…“Mach es wie die Reiter von Budjonny,“ nur was dieser gemacht hatte, das hatte der Alte nie gesagt und da er als Kind dessen Namen nicht richtig aussprechen konnte, kam immer ein „Buscho…ni“ heraus.
Er griff nach der Flasche Reiswein, die er von seinem letzten Besuch in Nordvietnam mitgebracht hatte, und schenkte das Wasserglas randvoll. Es wurde Zeit für den deutschen Genossen und im Stehen leerte er das Glas in einem Zug.
Sonntag, 7. April 2013
Die große Reise des Chaim Jahudin zum Mittelpunkt der Erde, der Geschichte 20. Teil, Ort, die Konsumverkausstelle in Zweedorf am Morgen das 11. Tages.
Kerstin Drewitz war so alt wie der Konsum selbst, in dem sie als Verkaufsstellenleiterin schon über einen längeren Zeitraum arbeitete. Ihr Opa Achim, sie hatte ihn noch als einen bärtigen alten Mann in Erinnerung, er sagte immer zu ihr: „ dein Geburtsjahr ist 1945“. Nun konnte sie als kleines Mädchen Wörter, die mit großem „G“ begannen nicht aussprechen, und fragte sie einer, wann sie geboren ist, kam ein“ dein 1945“ aus ihrem Mund. Das war immer sehr lustig anzuhören und später erzählte er ihr noch , das ihr Geburtsdatum mit dem Befehl Nr. 176 der sowjetischen Militär- Administration zusammenfiel, nach dem am 18.12. 1945 diese im Einklang mit den Vorschlägen der Arbeiterpartei dem Neubau der Konsumgenossenschaften und mit der Rückgabe der Vermögenswerte die Rechtsgrundlage für die KG, für deren Tätigkeit geschaffen hatten.
Schon als kleines Mädchen wollte sie Verkäuferin werden und ihr Traum ging in Erfüllung. Nun hieß es verteilen, nein nicht die Grundnahrungsmittel so wie Mehl, Zucker, Salz, Brot, Brötchen, Milch und dutzenden Anderes, es hieß die Bananen und Apfelsinen verteilen, wenn denn im großen Auslieferungslager, der Handelsgenossenschaft in Ludwigslust mal einige dieser Kisten aus dem Überseehafen Rostock ankamen.
Denn als erstes nahm sich der Lagerleiter Dieter Dombrowski und sie konnte diesen schmierigen Hund nicht leiden, obwohl er ebenfalls ein „Dieter 1945“ war, was sie in seiner Personalakte gelesen hatte, die ihr der Parteisekretär einmal so rein zu zufällig überlies.
Bei ihm wusch eine Hand die Andere und sie hatte diese Unverfrorenheit schon öfters in der Parteiversammlung angesprochen, aber die Genossen schienen einfach völlig taub zu sein, hatte doch dieser Dieter Beziehungen bis in oberste Kreise, bis ins Boizenburger Fliesenwerk, die Grenzkompanien, die Stäbe und die Werft.
So arbeiteten Soldaten, die im wahren Leben Maurer, Maler, Fliesenleger, Heizungsmonteure und Gas-Wasser –Schei…Klempner waren in seinem großen Eigenheim in Vier und er nannte es frech „sozialistische Hilfe“, dieser Drecksack. Das alles wusste sie von diesem kleinen pfiffigen Mario, diesem Exfreund von Susanne, die auch ihre Freundin war.
Dafür kannte sie die Kraftfahrer des Auslieferungslagers, so den schönen Bruno Bärlauch aus Dömitz und wenn er denn mal da war, half sie ihm immer mit beim abladen und kannte seine Leidenschaft für tief ausgeschnittene Blusen und Kleider und noch kürzere Miniröcke, die doch jetzt in diesem Sommer 1977 der neueste modische Schrei waren.
So blieb sie öfters einmal oben auf der Ladefläche und er unten, dann bückte sie sich tief und es sollte ihr stets zum Vorteil gereichen, wollte sie doch in ihrem kleinen Dorfkonsum geliebt und geachtet werden.
Er war ihr völlig erlegen, der alte Lustmolch und so verlor er schon mal drei Kisten Bananen und die Apfelsinen dazu oder vergaß sie einfach wie in stiller Übereinstimmung, dass sie zur nächsten Lieferung wieder dieses raffinierte kurze Teil anhaben würde.
Er nannte sie immer zärtlich mein blonder Engel und sie ihn Bärchen und es war ihr nicht unangenehm, weil er immer Abstand wahrte und nicht aufdringlich neben seinen sonstigen Leidenschaften wurde
Die Frauen standen heute früh schon Schlange, denn der Buschfunk schien immer noch zu funktionieren und sie sah in der Reihe die junge Susanne Baumann, die alte Martha Sawatski, Frau Rhönimann aus Schwanheide und die Frau vom Grenzhelfer Woschinski, dem alten Fiesling und Anschwärzer, obwohl sie deren tauben Sohn, den Wolfgang wirklich ganz gut leiden konnte.
Seine Orgelkompositionen hörte man an manchen Tagen kilometerweit und sie gefielen ihr wunderbar, erzeugten sie doch immer so ein angenehmes wollüstiges Gefühl unterhalb der Bauchgegend, denn ihr Mann war im Gegensatz zu diesem sensiblen Wolfgang ein Kunstbanause, der nur seine trockene Arbeit auf der GÜST- Schwanheide im Kopf hatte.
Denn seine Lieblingsbeschäftigung war Zonenreisende ärgern und das konnte er gut, wirklich gut, so wie er manchmal am Abend erzählte.
Nur sie vergaß er immer über sein Bier und die verdammte Glotze und sie konnte sich schon gar nicht mehr erinnern, wann es zwischen ihnen das letzte Mal…es war schon zu lange her und konnte es daran liegen, das es mit Nachwuchs einfach nicht klappte, weil er doch so gerne Kinder wollte, nur machen tat er auch nichts dafür, der Schlappschwanz und so stürzte sie sich in ihre Arbeit, wollte in einigen Wochen auch nebenan aus diesem Anbau einen großen Getränkestützpunkt eröffnen.
Susanne gefiel ihr heute gar nicht, denn tiefe Augenringe sprachen eine berede Sprache und bestimmt war da wieder ein „Neuer“ aus den Kompanien und als sie an der Reihe war, wirkte sie irgendwie nervös, konnte kaum ihren Blick erwidern, obwohl sie sonst eine Quasselstrippe war. Auch Marie, ihre Tochter war doch bei den Eltern und dann auf einmal heute ein ganzes Dreipfundbrot, obwohl sie stets, so lange sie ihre Freundin kannte, nur immer ein Halbes kaufte?
Da war doch irgend etwas im Busch und Kerstin beschloss, heute nach Feierabend einmal bei ihrer Freundin vorbeizuschauen.
Kerstin Drewitz war so alt wie der Konsum selbst, in dem sie als Verkaufsstellenleiterin schon über einen längeren Zeitraum arbeitete. Ihr Opa Achim, sie hatte ihn noch als einen bärtigen alten Mann in Erinnerung, er sagte immer zu ihr: „ dein Geburtsjahr ist 1945“. Nun konnte sie als kleines Mädchen Wörter, die mit großem „G“ begannen nicht aussprechen, und fragte sie einer, wann sie geboren ist, kam ein“ dein 1945“ aus ihrem Mund. Das war immer sehr lustig anzuhören und später erzählte er ihr noch , das ihr Geburtsdatum mit dem Befehl Nr. 176 der sowjetischen Militär- Administration zusammenfiel, nach dem am 18.12. 1945 diese im Einklang mit den Vorschlägen der Arbeiterpartei dem Neubau der Konsumgenossenschaften und mit der Rückgabe der Vermögenswerte die Rechtsgrundlage für die KG, für deren Tätigkeit geschaffen hatten.
Schon als kleines Mädchen wollte sie Verkäuferin werden und ihr Traum ging in Erfüllung. Nun hieß es verteilen, nein nicht die Grundnahrungsmittel so wie Mehl, Zucker, Salz, Brot, Brötchen, Milch und dutzenden Anderes, es hieß die Bananen und Apfelsinen verteilen, wenn denn im großen Auslieferungslager, der Handelsgenossenschaft in Ludwigslust mal einige dieser Kisten aus dem Überseehafen Rostock ankamen.
Denn als erstes nahm sich der Lagerleiter Dieter Dombrowski und sie konnte diesen schmierigen Hund nicht leiden, obwohl er ebenfalls ein „Dieter 1945“ war, was sie in seiner Personalakte gelesen hatte, die ihr der Parteisekretär einmal so rein zu zufällig überlies.
Bei ihm wusch eine Hand die Andere und sie hatte diese Unverfrorenheit schon öfters in der Parteiversammlung angesprochen, aber die Genossen schienen einfach völlig taub zu sein, hatte doch dieser Dieter Beziehungen bis in oberste Kreise, bis ins Boizenburger Fliesenwerk, die Grenzkompanien, die Stäbe und die Werft.
So arbeiteten Soldaten, die im wahren Leben Maurer, Maler, Fliesenleger, Heizungsmonteure und Gas-Wasser –Schei…Klempner waren in seinem großen Eigenheim in Vier und er nannte es frech „sozialistische Hilfe“, dieser Drecksack. Das alles wusste sie von diesem kleinen pfiffigen Mario, diesem Exfreund von Susanne, die auch ihre Freundin war.
Dafür kannte sie die Kraftfahrer des Auslieferungslagers, so den schönen Bruno Bärlauch aus Dömitz und wenn er denn mal da war, half sie ihm immer mit beim abladen und kannte seine Leidenschaft für tief ausgeschnittene Blusen und Kleider und noch kürzere Miniröcke, die doch jetzt in diesem Sommer 1977 der neueste modische Schrei waren.
So blieb sie öfters einmal oben auf der Ladefläche und er unten, dann bückte sie sich tief und es sollte ihr stets zum Vorteil gereichen, wollte sie doch in ihrem kleinen Dorfkonsum geliebt und geachtet werden.
Er war ihr völlig erlegen, der alte Lustmolch und so verlor er schon mal drei Kisten Bananen und die Apfelsinen dazu oder vergaß sie einfach wie in stiller Übereinstimmung, dass sie zur nächsten Lieferung wieder dieses raffinierte kurze Teil anhaben würde.
Er nannte sie immer zärtlich mein blonder Engel und sie ihn Bärchen und es war ihr nicht unangenehm, weil er immer Abstand wahrte und nicht aufdringlich neben seinen sonstigen Leidenschaften wurde
Die Frauen standen heute früh schon Schlange, denn der Buschfunk schien immer noch zu funktionieren und sie sah in der Reihe die junge Susanne Baumann, die alte Martha Sawatski, Frau Rhönimann aus Schwanheide und die Frau vom Grenzhelfer Woschinski, dem alten Fiesling und Anschwärzer, obwohl sie deren tauben Sohn, den Wolfgang wirklich ganz gut leiden konnte.
Seine Orgelkompositionen hörte man an manchen Tagen kilometerweit und sie gefielen ihr wunderbar, erzeugten sie doch immer so ein angenehmes wollüstiges Gefühl unterhalb der Bauchgegend, denn ihr Mann war im Gegensatz zu diesem sensiblen Wolfgang ein Kunstbanause, der nur seine trockene Arbeit auf der GÜST- Schwanheide im Kopf hatte.
Denn seine Lieblingsbeschäftigung war Zonenreisende ärgern und das konnte er gut, wirklich gut, so wie er manchmal am Abend erzählte.
Nur sie vergaß er immer über sein Bier und die verdammte Glotze und sie konnte sich schon gar nicht mehr erinnern, wann es zwischen ihnen das letzte Mal…es war schon zu lange her und konnte es daran liegen, das es mit Nachwuchs einfach nicht klappte, weil er doch so gerne Kinder wollte, nur machen tat er auch nichts dafür, der Schlappschwanz und so stürzte sie sich in ihre Arbeit, wollte in einigen Wochen auch nebenan aus diesem Anbau einen großen Getränkestützpunkt eröffnen.
Susanne gefiel ihr heute gar nicht, denn tiefe Augenringe sprachen eine berede Sprache und bestimmt war da wieder ein „Neuer“ aus den Kompanien und als sie an der Reihe war, wirkte sie irgendwie nervös, konnte kaum ihren Blick erwidern, obwohl sie sonst eine Quasselstrippe war. Auch Marie, ihre Tochter war doch bei den Eltern und dann auf einmal heute ein ganzes Dreipfundbrot, obwohl sie stets, so lange sie ihre Freundin kannte, nur immer ein Halbes kaufte?
Da war doch irgend etwas im Busch und Kerstin beschloss, heute nach Feierabend einmal bei ihrer Freundin vorbeizuschauen.
Sonntag, 31. März 2013
Die große Reise des Chaim Jahudin zum Mittelpunkt der Erde, der Geschichte 19. Teil, Ort, die sowjetische Garnison in O / Unterkunft von Chukin Lepzin am Morgen des 11. Tages.
Chukin Lepzin trauerte um einen guten Freund. Nein, nicht um Oberst Vadim Sokolow, seinen ehemaligen Ausbilder, der war ihm über die Jahre nicht so ans Herz gewachsen, er trauerte um Bai Marko Bella, den Bulgaren, den Chefpiloten der Antonov 225 und seiner Crew.
Wie lange kannte er ihn eigentlich schon, den lustigen großen Typen aus dem sonnigen Bulgarien, der ihm manchmal wie ein Mädchen in seiner ganzen Art vorkam, der ihn immer auf ihren Feindeinsätzen ins Cockpit holte, um eine gute Flasche Wein zu köpfen, so einen der feurig – süßen Melnik-Weine, die er in schöner Regelmäßigkeit aus seiner Heimat mitbrachte. Und war er nicht ein ganz stolzer Mann aus Thrakien, so wie dieser Spartakus, der sogar aus seinem Dorf, diesem früheren Meduis und der heutigem Stadt Sandanski zu entstammen schien, so wie er einmal erzählte? Sein herzhaftes Lachen wird ihm in Zukunft fehlen, sein Optimismus, aber auch in noch so verzwickter Situation nicht zu verzagen, und stets den Überblick behalten zu haben, auch wenn schon die Weinflasche auf längeren Flügen durch eine Andere ersetzt worden war.
Was war überhaupt geschehen am Morgen vor drei Tagen, als sie diesen Abdul Sulaiman, dem Älteren, dem König unter den Gefürchteten an diesem Staudamm im Sulaimantal das Handwerk legen sollten?
Das hatte er noch nie erlebt und die bösen Zeiten in Nordvietnam kamen ihn in den Sinn, wo er aber eigentlich immer nur in der Beobachterrolle Tot und Elend des Krieges hautnah miterlebt hatte.
Die Fallschirme der Männer öffneten in mehreren hundert Metern Höhe, da hörten sie eine Explosion über sich und die große Antonov verwandelte sich in einen Feuerball und stürzte in einem Trümmerregen weit von ihnen zu Boden. Das musste eine Raketenbauart so ähnlich unserer Fla- Raketen gewesen sein, die den schweren Vogel mitsamt seinem Freund und dem Oberst vom Himmel geholt hatte und eine unbändige Wut stieg in ihm auf ob dieser Ratte Sulaiman und seinen amerikanischen Helfern. Er würde sie zerquetschen, zermalen wie Mehl zwischen seinen großen Händen, da war es sich so sicher wie das Amen in der Kirche. Der Rückweg war somit abgeschnitten und da fiel ihm eine Randnotiz ein, die der Aufklärer, dieser Iwan Thunterhorschof immer an den Rand der Unterlagen kritzelte. Das war so eine Macke von ihm….er schrieb etwas, wie…“es ist nicht euer Krieg, Männer, es ist der Krieg des Charlie Wilsunse und seinen Stinger-Raketen.“ und dann waren da noch eine Menge Abkürzungen…Chukin hasste Abkürzungen von diesem Thunderhorschof und der war wohl nur zu faul, um auszuschreiben. Nein, eine Stinger war das nicht, dieses neumodische kleine Zeug, was ein Mann alleine von der Schulter abschießen konnte, das Ding musste mehr Power haben.
„Und wer war verdammt noch mal Charlie Wilsunse?“ Chukin zerbrach sich noch am Fallschirm hängend den Kopf, aber er kam nicht darauf, und beschloss, sollte er das hier alles lebend überstehen, er würde sich diesen Iwan auf der nächsten Klassenfeier Zuhause im fernen Moskau greifen und ihn ausquetschen wie eine Zitrone. Denn dummerweise ging der Schlaukopf noch in seine damalige Klasse und es gab schon damals nichts, was der Knabe nicht wusste, nur bei den Mädchen, da machte er immer einen Rückzieher, der kleine Feigling…aber Chukin konnte den Gedanken nicht zu Ende bringen, denn der Erdboden näherte sich rasend schnell und er sah seine Männer sofort Deckung suchen, denn es feuerte aus allen Ecken und Leuchtspurgeschosse zischten an ihm bedrohlich nahe vorbei..
Und er sah auch bereits leblose Körper der Kämpfer an Fallschirmen hängen, die ungebremst auf den Boden auf schlugen , und der Schmerz zerriss ihn fast innerlich, die Männer so sterben zu sehen.
Noch nicht mal die fairsten Regeln der Kriegsführung wurden hier eingehalten von diesen rebellischen Mudschahedin aber sofort kam sekundenschnell noch ein zweiter Gedanke, der ihn selber an seiner eigenen Aussage zweifeln ließ…“.Krieg, befand man sich überhaupt schon im Krieg mit diesem Volk?“
„ In was für einen Hexenkessel waren sie diesmal geraten“, und er suchte hinter der schweren Technik Schutz, die Sekunden vor ihnen an den riesigen Lastenfallschirmen relativ sanft aufgeschlagen war. Jetzt war er froh, den ganzen stählernen Krempel mitgenommen zu haben und nicht auf Kandows Rat eingegangen war, unnützen Ballast Zuhause zu lassen.
Die Männer sammelten sich um ihn, krochen aus allen Richtungen heran und die Motoren der Luftlandepanzer heulten auf, die Ketten lösten sich von ihren stählernen Transportschlitten und mahlten sich im afghanischen Boden ganz langsam vorwärts, um den Männern dahinter Schutz zu bieten, die mit ihnen auf die Feuernester am Rande des Tales zurobbten. Ohrenbetäubende Abschüsse aus einem halben Dutzend Panzerrohren zerfetzten den schon nicht mehr so stillen Morgen und Chukin war Soldat genug um sein Handwerk sofort zu beginnen..
Dieses Unternehmen endete trotz alledem in einem Fiasko, denn Sulaiman, dieser Wirrkopf musste wohl die Zündschnüre verwechselt haben und sprengte sich und den Staudamm in die Luft und sie konnten von Glück sagen, im höher gelegenen Gebiet wie der Wasserspiegel des Staussee gelandet zu sein, denn Chukin konnte für sein Leben nicht schwimmen.
Nur das wiederum wusste Iwan nicht…ja, wer war nun der Feigling von uns Beiden, und Chukin musste schmunzeln bei dem Gedanken
Das fiel ihm aber erst am Abend ein, als die schweren Kampfhubschrauber sie wieder aus dem Tal ausflogen, die man in der Not angefordert hatte.
Einen Wehmutstropfen gab es noch, denn aus einem Nebenarm der Bergschluchten, die sie umgab, startete ein Doppeldecker…wohl der Waffenlieferant der afghanischen Kämpfer und sein bester Schütze der Einheit gab Dauerfeuer mit seinem schweren Maschinengewehr und holte ihn vom Himmel.
In den Trümmern fand man die Papiere der Zitrone, dieses Captn John Eric Deltain, diesem amerikanischen Agenten mit deutscher Abstammung und noch einen Schuhkarton mit Glückwunschkarten für einen gewissen „Berliner“ zu seiner 2000sten Lieferung von Sturmgewehren.
„ Na warte, dachte Chukin, wenn ich dich kriege, doch da fiel ihm der Satz dieses amerikanischen Präsidenten ein, der so in Etwa lautete: „Ich bin ein Berliner“, und Bilder von dieser Frontstadt Berlin kamen ihm in den Sinn, er sah die jubelnde Menge und sein Zorn verrauchte sofort wieder, denn der Mann hatte es ja damals ehrlich gemeint, so sagte einmal der Pope Stawri auf einer seiner Predigten und Chukin ging gern in die Kirche, nur um öfters mal die Seele baumeln zu lassen.
Da fiel ihm ein, er wollte noch zu Dina, sie in ihrem Schmerz um ihren Mann trösten und er zog die Stiefel über aber mitten in der Bewegung hielt er inne…er war sich jetzt schon nicht mehr so sicher, ob sie seinen Trost überhaupt noch brauchte?
Chukin Lepzin trauerte um einen guten Freund. Nein, nicht um Oberst Vadim Sokolow, seinen ehemaligen Ausbilder, der war ihm über die Jahre nicht so ans Herz gewachsen, er trauerte um Bai Marko Bella, den Bulgaren, den Chefpiloten der Antonov 225 und seiner Crew.
Wie lange kannte er ihn eigentlich schon, den lustigen großen Typen aus dem sonnigen Bulgarien, der ihm manchmal wie ein Mädchen in seiner ganzen Art vorkam, der ihn immer auf ihren Feindeinsätzen ins Cockpit holte, um eine gute Flasche Wein zu köpfen, so einen der feurig – süßen Melnik-Weine, die er in schöner Regelmäßigkeit aus seiner Heimat mitbrachte. Und war er nicht ein ganz stolzer Mann aus Thrakien, so wie dieser Spartakus, der sogar aus seinem Dorf, diesem früheren Meduis und der heutigem Stadt Sandanski zu entstammen schien, so wie er einmal erzählte? Sein herzhaftes Lachen wird ihm in Zukunft fehlen, sein Optimismus, aber auch in noch so verzwickter Situation nicht zu verzagen, und stets den Überblick behalten zu haben, auch wenn schon die Weinflasche auf längeren Flügen durch eine Andere ersetzt worden war.
Was war überhaupt geschehen am Morgen vor drei Tagen, als sie diesen Abdul Sulaiman, dem Älteren, dem König unter den Gefürchteten an diesem Staudamm im Sulaimantal das Handwerk legen sollten?
Das hatte er noch nie erlebt und die bösen Zeiten in Nordvietnam kamen ihn in den Sinn, wo er aber eigentlich immer nur in der Beobachterrolle Tot und Elend des Krieges hautnah miterlebt hatte.
Die Fallschirme der Männer öffneten in mehreren hundert Metern Höhe, da hörten sie eine Explosion über sich und die große Antonov verwandelte sich in einen Feuerball und stürzte in einem Trümmerregen weit von ihnen zu Boden. Das musste eine Raketenbauart so ähnlich unserer Fla- Raketen gewesen sein, die den schweren Vogel mitsamt seinem Freund und dem Oberst vom Himmel geholt hatte und eine unbändige Wut stieg in ihm auf ob dieser Ratte Sulaiman und seinen amerikanischen Helfern. Er würde sie zerquetschen, zermalen wie Mehl zwischen seinen großen Händen, da war es sich so sicher wie das Amen in der Kirche. Der Rückweg war somit abgeschnitten und da fiel ihm eine Randnotiz ein, die der Aufklärer, dieser Iwan Thunterhorschof immer an den Rand der Unterlagen kritzelte. Das war so eine Macke von ihm….er schrieb etwas, wie…“es ist nicht euer Krieg, Männer, es ist der Krieg des Charlie Wilsunse und seinen Stinger-Raketen.“ und dann waren da noch eine Menge Abkürzungen…Chukin hasste Abkürzungen von diesem Thunderhorschof und der war wohl nur zu faul, um auszuschreiben. Nein, eine Stinger war das nicht, dieses neumodische kleine Zeug, was ein Mann alleine von der Schulter abschießen konnte, das Ding musste mehr Power haben.
„Und wer war verdammt noch mal Charlie Wilsunse?“ Chukin zerbrach sich noch am Fallschirm hängend den Kopf, aber er kam nicht darauf, und beschloss, sollte er das hier alles lebend überstehen, er würde sich diesen Iwan auf der nächsten Klassenfeier Zuhause im fernen Moskau greifen und ihn ausquetschen wie eine Zitrone. Denn dummerweise ging der Schlaukopf noch in seine damalige Klasse und es gab schon damals nichts, was der Knabe nicht wusste, nur bei den Mädchen, da machte er immer einen Rückzieher, der kleine Feigling…aber Chukin konnte den Gedanken nicht zu Ende bringen, denn der Erdboden näherte sich rasend schnell und er sah seine Männer sofort Deckung suchen, denn es feuerte aus allen Ecken und Leuchtspurgeschosse zischten an ihm bedrohlich nahe vorbei..
Und er sah auch bereits leblose Körper der Kämpfer an Fallschirmen hängen, die ungebremst auf den Boden auf schlugen , und der Schmerz zerriss ihn fast innerlich, die Männer so sterben zu sehen.
Noch nicht mal die fairsten Regeln der Kriegsführung wurden hier eingehalten von diesen rebellischen Mudschahedin aber sofort kam sekundenschnell noch ein zweiter Gedanke, der ihn selber an seiner eigenen Aussage zweifeln ließ…“.Krieg, befand man sich überhaupt schon im Krieg mit diesem Volk?“
„ In was für einen Hexenkessel waren sie diesmal geraten“, und er suchte hinter der schweren Technik Schutz, die Sekunden vor ihnen an den riesigen Lastenfallschirmen relativ sanft aufgeschlagen war. Jetzt war er froh, den ganzen stählernen Krempel mitgenommen zu haben und nicht auf Kandows Rat eingegangen war, unnützen Ballast Zuhause zu lassen.
Die Männer sammelten sich um ihn, krochen aus allen Richtungen heran und die Motoren der Luftlandepanzer heulten auf, die Ketten lösten sich von ihren stählernen Transportschlitten und mahlten sich im afghanischen Boden ganz langsam vorwärts, um den Männern dahinter Schutz zu bieten, die mit ihnen auf die Feuernester am Rande des Tales zurobbten. Ohrenbetäubende Abschüsse aus einem halben Dutzend Panzerrohren zerfetzten den schon nicht mehr so stillen Morgen und Chukin war Soldat genug um sein Handwerk sofort zu beginnen..
Dieses Unternehmen endete trotz alledem in einem Fiasko, denn Sulaiman, dieser Wirrkopf musste wohl die Zündschnüre verwechselt haben und sprengte sich und den Staudamm in die Luft und sie konnten von Glück sagen, im höher gelegenen Gebiet wie der Wasserspiegel des Staussee gelandet zu sein, denn Chukin konnte für sein Leben nicht schwimmen.
Nur das wiederum wusste Iwan nicht…ja, wer war nun der Feigling von uns Beiden, und Chukin musste schmunzeln bei dem Gedanken
Das fiel ihm aber erst am Abend ein, als die schweren Kampfhubschrauber sie wieder aus dem Tal ausflogen, die man in der Not angefordert hatte.
Einen Wehmutstropfen gab es noch, denn aus einem Nebenarm der Bergschluchten, die sie umgab, startete ein Doppeldecker…wohl der Waffenlieferant der afghanischen Kämpfer und sein bester Schütze der Einheit gab Dauerfeuer mit seinem schweren Maschinengewehr und holte ihn vom Himmel.
In den Trümmern fand man die Papiere der Zitrone, dieses Captn John Eric Deltain, diesem amerikanischen Agenten mit deutscher Abstammung und noch einen Schuhkarton mit Glückwunschkarten für einen gewissen „Berliner“ zu seiner 2000sten Lieferung von Sturmgewehren.
„ Na warte, dachte Chukin, wenn ich dich kriege, doch da fiel ihm der Satz dieses amerikanischen Präsidenten ein, der so in Etwa lautete: „Ich bin ein Berliner“, und Bilder von dieser Frontstadt Berlin kamen ihm in den Sinn, er sah die jubelnde Menge und sein Zorn verrauchte sofort wieder, denn der Mann hatte es ja damals ehrlich gemeint, so sagte einmal der Pope Stawri auf einer seiner Predigten und Chukin ging gern in die Kirche, nur um öfters mal die Seele baumeln zu lassen.
Da fiel ihm ein, er wollte noch zu Dina, sie in ihrem Schmerz um ihren Mann trösten und er zog die Stiefel über aber mitten in der Bewegung hielt er inne…er war sich jetzt schon nicht mehr so sicher, ob sie seinen Trost überhaupt noch brauchte?
Sonntag, 24. März 2013
Die große Reise des Chaim Jahudin zum Mittelpunkt der Erde, der Geschichte 18. Teil, Ort, das Dorf Zweedorf im 500- Meter Schutzstreifen im Morgengrauen des 11. Tages.
Der Soldat lag neben ihr, hatte das Deckbett fast über die Ohren gezogen und schnarchte ganz leise vor sich hin. Susanne Baumann dagegen war wach, hellwach und versuchte zu rekonstruieren, was gestern Abend überhaupt geschehen war. Es war dieser Rumtopf, er war an allem Schuld und der Auslöser und sie war ihm überhaupt nicht böse, ganz im Gegenteil. Denn sie fühlte eine innerliche Entspannung wie schon seit ewigen Zeiten nicht mehr, seit im letzten Jahr ihr längerer fester Freund Reinhard so einfach aus ihrem Leben getreten war, mit dem Ende seiner Soldatenzeit , als wäre es die normalste Sache der Welt ganz einfach verschwunden war. Dazwischen kamen Andere wie der kleine lustige aber draufgängerische Mario, der immer meinte, „ Einer der Stetlinger“ zu sein, so als wäre er vom sozialistischen Adel, dieser Typ aus Thüringen, den sie ab und zu noch sah, wenn er bei Begegnungen aus seinem LO herüberwinkte oder auch mal anhielt, um eine ganze Weile mit ihr zu plaudern.
War sie deswegen ein „ Grenzerflittchen“, so wie die Alten hinter vorgehaltener Hand im Konsum flüsterten? Nein, sie war eine junge selbstbewusste Frau von 24. Jahren und zu einer Frau gehört ein Mann, so oder so ähnlich hatte Großmutter immer zu ihr gesagt, als sie noch ein kleines Mädchen war. Nur das sie eben noch nicht den Richtigen gefunden hatte, er war ihr einfach noch nicht über den Weg gelaufen.
Die Pille machte es unkompliziert und gesund waren sie alle, diese jungen Grenzsoldaten und nein, sie wollte einfach keine Langweiler im Bett, so wie den „schönen Matthias“ aus Boizenburg, der Chefaufreißer im Klubhaus, dessen Schnauze größer wie sein Ding war, also wenn schon denn schon musste es einer sein, so wie der junge unbedarfte Russe, der jetzt neben ihr lag und dessen Gesicht gerade im Traum wie zu lächeln schien.
„ Susanne Ruhluff“, nach Reinhard seinem Nachnamen, so hätte sie heute eventuell mit Familiennamen geheißen, sie dumme Kuh und nur gut, das ihr rechtzeitig ein Licht aufging, das da noch eine zweite Frau war, in einer fernen Stadt im Sächsischen. Wann hatte sie ihn eigentlich das erste Mal gesehen, diesen blonden Soldaten im Trupp des Nachfolgers ihres Vaters und ihr fiel das Klubhaus in Boizenburg an diesem heißen Sommertag im Jahr 1976 ein.
Dort hatte er sie aufgefordert zum Tanz und er ließ sich einfach nicht abwimmeln, so dass ihre Freundinnen schon blöde Bemerkungen machten wegen seiner Hartnäckigkeit.
Anfangs war sie nicht so erbaut aber er tanzte besser wie die Jungen aus ihren Freundeskreis und drehte sogar im Discorhythmus alleine seine Runden, wenn ihr nicht gerade nach tanzen war, und es störte ihn überhaupt nicht, dabei von den Anderen neben der Tanzfläche begafft zu werden wie im Zoo.. Er überhörte einfach ihre blöden Bemerkungen, so als wären ihm die ganzen Landeier Luft und nur einmal packte ihn einer der Boizenburger Jungen in seinem Suff an der Uniform und betitelte ihn als schwule Kantentunte aber da waren sofort Soldaten von seinem Tisch auf der Tanzfläche und der Einlassdienst musste eingreifen, so das die Situation nicht eskalierte. So als schien er in einen Traum versunken, drehte er sich nach dem Klang der Musik von Karat und das gefiel ihr, seine jungenhafte Unbekümmertheit, die sie an einen Schauspieler erinnerte, nur der Name fiel ihr jetzt nicht ein. Oh ja, er war schon ein Schauspieler aber das merkte sie erst später, als sie ihn zum ersten Mal mit dieser älteren Frau in Boizenburg sah.
Er war anders als die Anderen und er konnte reden, reden wie ein sprichwörtliches Buch so das ihr schon ganz schwummrig im Kopf wurde, was der viele Alkohol dann noch extrem verstärkte und irgendwann waren sie dann draußen und er nahm ihre Hand und zog sie über die Straße ins Elbvorland zwischen die dichten Büsche auf die riesige Rasenfläche.
Er ließ überhaupt keine Widerrede zu und es war ihr auch egal, so betrunken und leicht wie sie sich beide fühlten und es war schön im Elbvorland zu liegen, eigentlich schon im 500- Meter Schutzstreifen mit einem Grenzer, der wie ausgehungert schien und auf einmal kaum noch redete und nur noch machen wollte, an ihr rummachen wollte und sie an ihm nicht weniger.
So ergab eines das Andere, die Zeit schien hinter einem der Büsche schon längst und für immer verschwunden zu sein und sie hätte ewig so liegen können mit ihm, wenn da nicht eine Stimme, wohl die eines Unteroffizier gerufen hätte, die zum Aufbruch drängelte und auf einmal schienen die Büsche neben ihnen zu erwachen wie aus dem Dornröschenschlaf, Uniformen und Kleider wurden in aller Hast geordnet und zugeknöpft, eine Ladeklappe von einem LO klappte mit lautem Knall nach oben und wurde verriegelt und was ihr damals blieb, war ein Name und ein Ort, sein Name und der Stab in Noostorf, dem ehemaligen Arbeitsplatz ihres Vaters..
„Na fein“, dachte sie und das kann ja heiter werden. Nun war er auch noch im Minentrupp von diesem jungen Nachfolgers ihres Vaters und ihn, ihren Vater wollte sie nicht fragen, wusste sie doch, dass er berufliches und persönliches nicht so gern miteinander verband.
Nun begann eine sehr schöne Zeit und irgendeiner musste da ständig nachgeholfen haben, denn sie trafen sich öfters, nur soviel KU ( Kurzurlaub)bekam kein Mensch, geschweige denn ein ganz normaler Grenzsoldat und sie schob es auf seine Gefreitenbalken und den Einfluss ihres Vater, der aber auch nie einen Ton sagte, immer nur lächelte, wenn sie sich ausgehfertig machte, um Reinhard zu treffen.
Er wusste wohl, wie es um sie bestellt war, und nur die Mutter zog ein Gesicht wie zehn Tage Regenwetter und meinte immer, sie vernachlässige über die Männer ihr eigenes Kind, das aber bei den Eltern gut aufgehoben war, wenn sie Montag Morgens zur Tür hereinschneite, glücklich und wie ausgelassen nur ein paar Worte wechselten., ehe sie immer auf Arbeit in die Fliesenfabrik musste.
Die Wochen vergingen wie im Flug und der Sommer neigte sich seinem Ende zu, da bekam er auf einmal keinen Ausgang und sie war so naiv zu glauben, es hinge mit einer Erkältung zusammen, die er vorgeschoben hatte.
Ihr Vater machte ein ernstes Gesicht, so wusste er doch die ganze Zeit schon um Reinhards Doppelleben was so viel hieß wie hier die Geliebte und da im fernen Sachsen Ehefrau und Kinder. Aber er wollte wohl das kleine Glück seiner Tochter so lange wie möglich beschützen, obwohl er genau wusste, dass dieses nicht von Dauer sein würde.
Junge, was war sie blöd zu glauben die Einzige zu sein.
Der Soldat lag neben ihr, hatte das Deckbett fast über die Ohren gezogen und schnarchte ganz leise vor sich hin. Susanne Baumann dagegen war wach, hellwach und versuchte zu rekonstruieren, was gestern Abend überhaupt geschehen war. Es war dieser Rumtopf, er war an allem Schuld und der Auslöser und sie war ihm überhaupt nicht böse, ganz im Gegenteil. Denn sie fühlte eine innerliche Entspannung wie schon seit ewigen Zeiten nicht mehr, seit im letzten Jahr ihr längerer fester Freund Reinhard so einfach aus ihrem Leben getreten war, mit dem Ende seiner Soldatenzeit , als wäre es die normalste Sache der Welt ganz einfach verschwunden war. Dazwischen kamen Andere wie der kleine lustige aber draufgängerische Mario, der immer meinte, „ Einer der Stetlinger“ zu sein, so als wäre er vom sozialistischen Adel, dieser Typ aus Thüringen, den sie ab und zu noch sah, wenn er bei Begegnungen aus seinem LO herüberwinkte oder auch mal anhielt, um eine ganze Weile mit ihr zu plaudern.
War sie deswegen ein „ Grenzerflittchen“, so wie die Alten hinter vorgehaltener Hand im Konsum flüsterten? Nein, sie war eine junge selbstbewusste Frau von 24. Jahren und zu einer Frau gehört ein Mann, so oder so ähnlich hatte Großmutter immer zu ihr gesagt, als sie noch ein kleines Mädchen war. Nur das sie eben noch nicht den Richtigen gefunden hatte, er war ihr einfach noch nicht über den Weg gelaufen.
Die Pille machte es unkompliziert und gesund waren sie alle, diese jungen Grenzsoldaten und nein, sie wollte einfach keine Langweiler im Bett, so wie den „schönen Matthias“ aus Boizenburg, der Chefaufreißer im Klubhaus, dessen Schnauze größer wie sein Ding war, also wenn schon denn schon musste es einer sein, so wie der junge unbedarfte Russe, der jetzt neben ihr lag und dessen Gesicht gerade im Traum wie zu lächeln schien.
„ Susanne Ruhluff“, nach Reinhard seinem Nachnamen, so hätte sie heute eventuell mit Familiennamen geheißen, sie dumme Kuh und nur gut, das ihr rechtzeitig ein Licht aufging, das da noch eine zweite Frau war, in einer fernen Stadt im Sächsischen. Wann hatte sie ihn eigentlich das erste Mal gesehen, diesen blonden Soldaten im Trupp des Nachfolgers ihres Vaters und ihr fiel das Klubhaus in Boizenburg an diesem heißen Sommertag im Jahr 1976 ein.
Dort hatte er sie aufgefordert zum Tanz und er ließ sich einfach nicht abwimmeln, so dass ihre Freundinnen schon blöde Bemerkungen machten wegen seiner Hartnäckigkeit.
Anfangs war sie nicht so erbaut aber er tanzte besser wie die Jungen aus ihren Freundeskreis und drehte sogar im Discorhythmus alleine seine Runden, wenn ihr nicht gerade nach tanzen war, und es störte ihn überhaupt nicht, dabei von den Anderen neben der Tanzfläche begafft zu werden wie im Zoo.. Er überhörte einfach ihre blöden Bemerkungen, so als wären ihm die ganzen Landeier Luft und nur einmal packte ihn einer der Boizenburger Jungen in seinem Suff an der Uniform und betitelte ihn als schwule Kantentunte aber da waren sofort Soldaten von seinem Tisch auf der Tanzfläche und der Einlassdienst musste eingreifen, so das die Situation nicht eskalierte. So als schien er in einen Traum versunken, drehte er sich nach dem Klang der Musik von Karat und das gefiel ihr, seine jungenhafte Unbekümmertheit, die sie an einen Schauspieler erinnerte, nur der Name fiel ihr jetzt nicht ein. Oh ja, er war schon ein Schauspieler aber das merkte sie erst später, als sie ihn zum ersten Mal mit dieser älteren Frau in Boizenburg sah.
Er war anders als die Anderen und er konnte reden, reden wie ein sprichwörtliches Buch so das ihr schon ganz schwummrig im Kopf wurde, was der viele Alkohol dann noch extrem verstärkte und irgendwann waren sie dann draußen und er nahm ihre Hand und zog sie über die Straße ins Elbvorland zwischen die dichten Büsche auf die riesige Rasenfläche.
Er ließ überhaupt keine Widerrede zu und es war ihr auch egal, so betrunken und leicht wie sie sich beide fühlten und es war schön im Elbvorland zu liegen, eigentlich schon im 500- Meter Schutzstreifen mit einem Grenzer, der wie ausgehungert schien und auf einmal kaum noch redete und nur noch machen wollte, an ihr rummachen wollte und sie an ihm nicht weniger.
So ergab eines das Andere, die Zeit schien hinter einem der Büsche schon längst und für immer verschwunden zu sein und sie hätte ewig so liegen können mit ihm, wenn da nicht eine Stimme, wohl die eines Unteroffizier gerufen hätte, die zum Aufbruch drängelte und auf einmal schienen die Büsche neben ihnen zu erwachen wie aus dem Dornröschenschlaf, Uniformen und Kleider wurden in aller Hast geordnet und zugeknöpft, eine Ladeklappe von einem LO klappte mit lautem Knall nach oben und wurde verriegelt und was ihr damals blieb, war ein Name und ein Ort, sein Name und der Stab in Noostorf, dem ehemaligen Arbeitsplatz ihres Vaters..
„Na fein“, dachte sie und das kann ja heiter werden. Nun war er auch noch im Minentrupp von diesem jungen Nachfolgers ihres Vaters und ihn, ihren Vater wollte sie nicht fragen, wusste sie doch, dass er berufliches und persönliches nicht so gern miteinander verband.
Nun begann eine sehr schöne Zeit und irgendeiner musste da ständig nachgeholfen haben, denn sie trafen sich öfters, nur soviel KU ( Kurzurlaub)bekam kein Mensch, geschweige denn ein ganz normaler Grenzsoldat und sie schob es auf seine Gefreitenbalken und den Einfluss ihres Vater, der aber auch nie einen Ton sagte, immer nur lächelte, wenn sie sich ausgehfertig machte, um Reinhard zu treffen.
Er wusste wohl, wie es um sie bestellt war, und nur die Mutter zog ein Gesicht wie zehn Tage Regenwetter und meinte immer, sie vernachlässige über die Männer ihr eigenes Kind, das aber bei den Eltern gut aufgehoben war, wenn sie Montag Morgens zur Tür hereinschneite, glücklich und wie ausgelassen nur ein paar Worte wechselten., ehe sie immer auf Arbeit in die Fliesenfabrik musste.
Die Wochen vergingen wie im Flug und der Sommer neigte sich seinem Ende zu, da bekam er auf einmal keinen Ausgang und sie war so naiv zu glauben, es hinge mit einer Erkältung zusammen, die er vorgeschoben hatte.
Ihr Vater machte ein ernstes Gesicht, so wusste er doch die ganze Zeit schon um Reinhards Doppelleben was so viel hieß wie hier die Geliebte und da im fernen Sachsen Ehefrau und Kinder. Aber er wollte wohl das kleine Glück seiner Tochter so lange wie möglich beschützen, obwohl er genau wusste, dass dieses nicht von Dauer sein würde.
Junge, was war sie blöd zu glauben die Einzige zu sein.
Samstag, 16. März 2013
Die große Reise des Chaim Jahudin zum Mittelpunkt der Erde, der Geschichte 17. Teil, Ort Berlin- Lichtenberg, Haus 1, Haus des Ministers am Nachmittag des 10.Tages, dem 7. August 1977
Die Männer um Oberst Alfred Bergemann saßen im Kreis. „ Was wir haben ist nicht viel“, meinte Einer und „ unsere russischen Freunde sind dieses Mal keine große Hilfe“.
„Da muss noch mehr sein“ meinte ein Anderer und betrachtete das Foto, was heute früh mit Kurier vom Volkspolizeirevier in O. übersendet wurde und nun vor ihm auf der Tischplatte lag.
„Dieser Elite- Soldat oder besser Offizier, denn es kann sich laut den uns vorliegenden Informationen nur um einen solchen handeln, also er hat den Kohlenzug noch in der Julinacht vor der Einfahrt ins Grenzgebiet wieder verlassen, so vermute ich einmal, denn dafür spricht diese sprichwörtliche Ruhe im westdeutschen Blätterwald, die Aasgeier hätten es an die große Glocke….gehangen, so Bild, Stern, Spiegel nichts, da kam aber nicht so viel.“., und er erntete allgemeines Kopfnicken in der Runde.
„ Wie heißt die Grenzübergangsstelle auf dieser Hamburger Strecke“, fragte der Oberst jetzt?
„ Schwanheide, die GÜST Eisenbahn heißt Schwanheide, Genosse Oberst, meinte Gisbert Wolzow.
„ Dann müssen wir in dieser Gegend suchen, Genosse Wolzow aber unauffällig, leiten sie alles in die Wege, und machen sie mir um Gottes Willen nicht die Pferde scheu“.
„ Ich habe hier schon eine Liste der Grenzkompanien im Elbabschnitt angefordert, Genosse Oberst…wenn ich kurz zitieren dürfte…ich bitte darum, meinte der Angesprochene.“
„ Also, von Nord nach Süd wären das Zweedorf, die 1. GK, dann Nostorf, der Stab 1.Grenzbataillon, gefolgt von Horst, die 7. GK und GÜST Straße, dazu noch die GÜST Wasser Cumlosen, weiter Bahlen, die 2.GK, dann Haar, die 3.GK, weiter Kaarßen, die 8.GK über Tripkau, die 4.GK kommen wir nun zu Dömitz, dort gibt es mehrere Standorte, so die 9.GK, der Stab 2. und 3.Grenzbataillon sowie die 8. Pionierkompanie.“
„ Nicht zu vergessen, die Sicherstellungskompanie und die Bootskompanie, dann weiterhin noch Wootz, die 5.GK und Gandow, die 6. GK“., und der Vorleser faltete den Zettel zusammen.
„ Ich vergaß noch zu erwähnen, dies alles beinhaltet einen Bereich von gut 85 Kilometern Wassergrenze und einiges an Land“.
„ Gute Arbeit, Genosse Wolzow“, meinte der Oberst und straffte seine Uniform.
„ Bitte darf ich….hob einer der Anwesenden die Hand…sie dürfen, Genosse Dzermonski und Feliks Dzermonski entnahm seinem Aktenordner ein Blatt.
„ In diesem weiter nördlich gelegenen Regiment 24 im Bereich der 1. Grenzkompanie Aulosen war doch erst vor gut einem Jahr , in der Nacht vom 30. April zum 1. Mai 1976 dieser Zwischenfall mit einer Person, die an der Anlage 501 schon öfters Demontagen versucht hatte, diesem Manuel Gartenschlöger und sollten wir nicht die Genossen, die damals diese Angelegenheit zur vollen Zufriedenheit des Ministers gelöst hatten, wieder dorthin entsenden, so als Erntehelfer getarnt“?
Der Vorleser erntete in der Runde allgemeines Gelächter und selbst der Oberst konnte sich ein Schmunzeln um die Mundpartie nicht verkneifen.
„ Bitte, bitte, meine Herrn, ich möchte doch um Sachlichkeit bitten und was der Genosse Dzermonski angeschnitten hatte, ist gar nicht so von der Hand zu weisen, zumal wir in den Tagen vor den Feierlichkeiten zur Errichtung unseres antifaschistischen Schutzwall absolut keinen Ärger in dem vom Genossen Wolzow zitierten Elbabschnitt gebrauchen können“.
Aber der Oberst lehnte sich gleichzeitig gemütlich zurück und meinte: „ Die wenigsten von ihnen haben ja diesen Tag bewusst miterlebt, die“ Operation 13. August“ in diesem Jahr 1961, und ich sage ihnen, es war beste Urlaubszeit, so wie heute, unsere westdeutschen Politiker und Staatssekretäre sonnten sich auf Palma de Mallorca und sonst wo und Genosse Walter Ulbricht, möge er in Frieden ruhen, also er hatte schon das richtige Gespür, um den Gegner völlig zu überrumpeln…wieder allgemeines Gelächter und der Oberst winkte mit der Hand ab, und bitte Genosse Kind, der eigentlich mit Spitznamen Kids hieß, so nach der englischen Bezeichnung…sie wollten vorhin noch…etwas sagen“.
„Ist er nicht jüdischer Abstammung, so wie ich aus meinen Unterlagen dieser Martha Schuster herauslese und besteht damit nicht die Möglichkeit für ihn, bei seinen jüdischen Freunden abzutauchen, Unterkunft oder nennen wir es Asyl zu suchen sagte Kind?“
„Ich habe einmal recherchiert, also der Kreis Hagenow/ Ludwigslust beherbergt eine jüdische Gemeinde, in der wir schon seit Jahren eine gute und zuverlässige Quelle platziert haben, die bis zum heutigen Tag wertvolle Informationen liefert“. Zumal, dieser Mann ist Friedhofsgärtner und betreut mehrere Gemeinden im Umland, , hilft also auch auf evangelischen Friedhöfen aus, wo Not am Manne ist“.
„ Aber da ist noch ein Fakt, den wir nicht aus den Augen lassen dürfen, er ist nicht nur Jude, der Offizer sondern einer, der mit Frauen gut kann, denn unsere Informationen lauten auf einen Beziehungskonflikt mit der Frau seines Ausbilders in der sowjetischen Garnison, der doch der Auslöser für dieses Entfernen von seiner Einheit gewesen sein muss und dieser Oberst Kandow….entschuldigen sie, Oberst, wenn ich es so unverblümt ausspreche, er scheint seine schützende Hand noch darüber, über seine Männer zu halten, das verstehe, wer will.?“
Ohne auf diese Bemerkung einzugehen„fragte der Oberst: „Also vermuten sie, Genosse Kind, das er bei einer Frau Unterschlupf suchen würde, weil er sich das weibliche Geschlecht versteht?“
„Korrekt, Genosse Oberst, so wollte ich es formulieren“, meinte Kind.
„ Er ist doch ein ausgebildeter Elitekämpfer, also kein normaler Wehrpflichtiger und würde demzufolge erst reagieren, wenn man ihn die Enge treibt“, so warf jetzt ein junger Genosse ein, und einige pflichteten seinem Einwand zu aber Oberst Bergemann war zu müde, um auch noch diese brisante Seite der Angelegenheit zu beleuchten.
„ Genug für heute, Genossen, leiten sie alle notwendigen Schritte ein, starten sie die Suchaktion unter der Deckbezeichnung“ Die große Reise“ aber mit Ruhe, wenn ich bitten darf“, er straffte seine Uniform und erhob sich und das Besprechungszimmer leerte sich, nur Gisbert Wolzow blieb am Fenster stehen und schaute zu einer Schulklasse in den Innenhof, er zählte um die 17 Schüler und der Oberst trat neben ihn und meinte:“ Wenn der Minister nicht wörtlich…Ich liebe sie doch alle,…. dann würde er nicht seine Nachmittage für unsere wertvolle junge Kampfreserve der Partei opfern“
„ Darf ich offen sprechen, Oberst und der meinte…ich bitte darum, Wolzow, wir sind doch unter uns“.
Nehmen wir diese jungen Leute da unten, so wie sie da stehen, werden sie später einmal sehr unterschiedliche Lebenswege einschlagen, der Eine vielleicht an der Werra sein Glück suchen, einige werden an unserer Staatsgrenze ihren Dienst tun, ganz normale Soldaten und LO-Fahrer werden, eventuell Politoffiziere, Grenzaufklärer oder sogar desertieren, so wie der Große da unten, der mir eher wie ein Mädchen aussieht oder sie werden unsere Geschichte aufarbeiten, so als Historiker und sehen sie die Mädchen da, die Blonde mit der Ausstrahlung des Nordlichtes und die Andere mit dem Kleid, das wie ein Trachtenkleid geschnitten ist, sie werden vielleicht sogar mit ihren Eltern unser schönes Land verlassen.
Diese zwei, die da etwas abseits der Gruppe stehen am Eingang Normannenstraße…sehen sie die, Wolzow und der nickte: „ Also der Kleinere sieht mir wie ein Jungpionier aus und der Andere, der fröhliche Blondschopf mit der Schildkröte auf der Jacke wie ein zukünftiger Seemann unserer Handelsmarine, und sie könnten Außenseiter werden…weil sie sich so abseits der Gruppe halten…und Wolzow schüttelte den Kopf, mit Verlaub, das glaube ich nicht, Oberst.
„Vertrauen sie einem alten Mann, mein junger Freund und vielleicht wird unser Gebäudekomplex, unser „ Feldherrenhügel“ hier in späteren Zeiten auch einmal ein Museum werden, und diese Klasse ist dann verstreut in alle Welt, die so hoffe ich doch noch unter einem gutem sozialistischen Stern oder eben auch nicht stehen wird!“
„Und eines Tages, vielleicht in 33 Jahren auf den Tag genau finden sie sich wieder hier zusammen, stehen so auf dem Hof wie heute und werden über die Vergangenheit reden, eventuell zum Abend in eine Kneipe gehen, gut essen und trinken, ehrliche Gespräche führen, so wird es sein.“
Und zwei Männer und ihre Träume standen noch eine Weile am Fenster und schauten in den Innenhof.
Die Männer um Oberst Alfred Bergemann saßen im Kreis. „ Was wir haben ist nicht viel“, meinte Einer und „ unsere russischen Freunde sind dieses Mal keine große Hilfe“.
„Da muss noch mehr sein“ meinte ein Anderer und betrachtete das Foto, was heute früh mit Kurier vom Volkspolizeirevier in O. übersendet wurde und nun vor ihm auf der Tischplatte lag.
„Dieser Elite- Soldat oder besser Offizier, denn es kann sich laut den uns vorliegenden Informationen nur um einen solchen handeln, also er hat den Kohlenzug noch in der Julinacht vor der Einfahrt ins Grenzgebiet wieder verlassen, so vermute ich einmal, denn dafür spricht diese sprichwörtliche Ruhe im westdeutschen Blätterwald, die Aasgeier hätten es an die große Glocke….gehangen, so Bild, Stern, Spiegel nichts, da kam aber nicht so viel.“., und er erntete allgemeines Kopfnicken in der Runde.
„ Wie heißt die Grenzübergangsstelle auf dieser Hamburger Strecke“, fragte der Oberst jetzt?
„ Schwanheide, die GÜST Eisenbahn heißt Schwanheide, Genosse Oberst, meinte Gisbert Wolzow.
„ Dann müssen wir in dieser Gegend suchen, Genosse Wolzow aber unauffällig, leiten sie alles in die Wege, und machen sie mir um Gottes Willen nicht die Pferde scheu“.
„ Ich habe hier schon eine Liste der Grenzkompanien im Elbabschnitt angefordert, Genosse Oberst…wenn ich kurz zitieren dürfte…ich bitte darum, meinte der Angesprochene.“
„ Also, von Nord nach Süd wären das Zweedorf, die 1. GK, dann Nostorf, der Stab 1.Grenzbataillon, gefolgt von Horst, die 7. GK und GÜST Straße, dazu noch die GÜST Wasser Cumlosen, weiter Bahlen, die 2.GK, dann Haar, die 3.GK, weiter Kaarßen, die 8.GK über Tripkau, die 4.GK kommen wir nun zu Dömitz, dort gibt es mehrere Standorte, so die 9.GK, der Stab 2. und 3.Grenzbataillon sowie die 8. Pionierkompanie.“
„ Nicht zu vergessen, die Sicherstellungskompanie und die Bootskompanie, dann weiterhin noch Wootz, die 5.GK und Gandow, die 6. GK“., und der Vorleser faltete den Zettel zusammen.
„ Ich vergaß noch zu erwähnen, dies alles beinhaltet einen Bereich von gut 85 Kilometern Wassergrenze und einiges an Land“.
„ Gute Arbeit, Genosse Wolzow“, meinte der Oberst und straffte seine Uniform.
„ Bitte darf ich….hob einer der Anwesenden die Hand…sie dürfen, Genosse Dzermonski und Feliks Dzermonski entnahm seinem Aktenordner ein Blatt.
„ In diesem weiter nördlich gelegenen Regiment 24 im Bereich der 1. Grenzkompanie Aulosen war doch erst vor gut einem Jahr , in der Nacht vom 30. April zum 1. Mai 1976 dieser Zwischenfall mit einer Person, die an der Anlage 501 schon öfters Demontagen versucht hatte, diesem Manuel Gartenschlöger und sollten wir nicht die Genossen, die damals diese Angelegenheit zur vollen Zufriedenheit des Ministers gelöst hatten, wieder dorthin entsenden, so als Erntehelfer getarnt“?
Der Vorleser erntete in der Runde allgemeines Gelächter und selbst der Oberst konnte sich ein Schmunzeln um die Mundpartie nicht verkneifen.
„ Bitte, bitte, meine Herrn, ich möchte doch um Sachlichkeit bitten und was der Genosse Dzermonski angeschnitten hatte, ist gar nicht so von der Hand zu weisen, zumal wir in den Tagen vor den Feierlichkeiten zur Errichtung unseres antifaschistischen Schutzwall absolut keinen Ärger in dem vom Genossen Wolzow zitierten Elbabschnitt gebrauchen können“.
Aber der Oberst lehnte sich gleichzeitig gemütlich zurück und meinte: „ Die wenigsten von ihnen haben ja diesen Tag bewusst miterlebt, die“ Operation 13. August“ in diesem Jahr 1961, und ich sage ihnen, es war beste Urlaubszeit, so wie heute, unsere westdeutschen Politiker und Staatssekretäre sonnten sich auf Palma de Mallorca und sonst wo und Genosse Walter Ulbricht, möge er in Frieden ruhen, also er hatte schon das richtige Gespür, um den Gegner völlig zu überrumpeln…wieder allgemeines Gelächter und der Oberst winkte mit der Hand ab, und bitte Genosse Kind, der eigentlich mit Spitznamen Kids hieß, so nach der englischen Bezeichnung…sie wollten vorhin noch…etwas sagen“.
„Ist er nicht jüdischer Abstammung, so wie ich aus meinen Unterlagen dieser Martha Schuster herauslese und besteht damit nicht die Möglichkeit für ihn, bei seinen jüdischen Freunden abzutauchen, Unterkunft oder nennen wir es Asyl zu suchen sagte Kind?“
„Ich habe einmal recherchiert, also der Kreis Hagenow/ Ludwigslust beherbergt eine jüdische Gemeinde, in der wir schon seit Jahren eine gute und zuverlässige Quelle platziert haben, die bis zum heutigen Tag wertvolle Informationen liefert“. Zumal, dieser Mann ist Friedhofsgärtner und betreut mehrere Gemeinden im Umland, , hilft also auch auf evangelischen Friedhöfen aus, wo Not am Manne ist“.
„ Aber da ist noch ein Fakt, den wir nicht aus den Augen lassen dürfen, er ist nicht nur Jude, der Offizer sondern einer, der mit Frauen gut kann, denn unsere Informationen lauten auf einen Beziehungskonflikt mit der Frau seines Ausbilders in der sowjetischen Garnison, der doch der Auslöser für dieses Entfernen von seiner Einheit gewesen sein muss und dieser Oberst Kandow….entschuldigen sie, Oberst, wenn ich es so unverblümt ausspreche, er scheint seine schützende Hand noch darüber, über seine Männer zu halten, das verstehe, wer will.?“
Ohne auf diese Bemerkung einzugehen„fragte der Oberst: „Also vermuten sie, Genosse Kind, das er bei einer Frau Unterschlupf suchen würde, weil er sich das weibliche Geschlecht versteht?“
„Korrekt, Genosse Oberst, so wollte ich es formulieren“, meinte Kind.
„ Er ist doch ein ausgebildeter Elitekämpfer, also kein normaler Wehrpflichtiger und würde demzufolge erst reagieren, wenn man ihn die Enge treibt“, so warf jetzt ein junger Genosse ein, und einige pflichteten seinem Einwand zu aber Oberst Bergemann war zu müde, um auch noch diese brisante Seite der Angelegenheit zu beleuchten.
„ Genug für heute, Genossen, leiten sie alle notwendigen Schritte ein, starten sie die Suchaktion unter der Deckbezeichnung“ Die große Reise“ aber mit Ruhe, wenn ich bitten darf“, er straffte seine Uniform und erhob sich und das Besprechungszimmer leerte sich, nur Gisbert Wolzow blieb am Fenster stehen und schaute zu einer Schulklasse in den Innenhof, er zählte um die 17 Schüler und der Oberst trat neben ihn und meinte:“ Wenn der Minister nicht wörtlich…Ich liebe sie doch alle,…. dann würde er nicht seine Nachmittage für unsere wertvolle junge Kampfreserve der Partei opfern“
„ Darf ich offen sprechen, Oberst und der meinte…ich bitte darum, Wolzow, wir sind doch unter uns“.
Nehmen wir diese jungen Leute da unten, so wie sie da stehen, werden sie später einmal sehr unterschiedliche Lebenswege einschlagen, der Eine vielleicht an der Werra sein Glück suchen, einige werden an unserer Staatsgrenze ihren Dienst tun, ganz normale Soldaten und LO-Fahrer werden, eventuell Politoffiziere, Grenzaufklärer oder sogar desertieren, so wie der Große da unten, der mir eher wie ein Mädchen aussieht oder sie werden unsere Geschichte aufarbeiten, so als Historiker und sehen sie die Mädchen da, die Blonde mit der Ausstrahlung des Nordlichtes und die Andere mit dem Kleid, das wie ein Trachtenkleid geschnitten ist, sie werden vielleicht sogar mit ihren Eltern unser schönes Land verlassen.
Diese zwei, die da etwas abseits der Gruppe stehen am Eingang Normannenstraße…sehen sie die, Wolzow und der nickte: „ Also der Kleinere sieht mir wie ein Jungpionier aus und der Andere, der fröhliche Blondschopf mit der Schildkröte auf der Jacke wie ein zukünftiger Seemann unserer Handelsmarine, und sie könnten Außenseiter werden…weil sie sich so abseits der Gruppe halten…und Wolzow schüttelte den Kopf, mit Verlaub, das glaube ich nicht, Oberst.
„Vertrauen sie einem alten Mann, mein junger Freund und vielleicht wird unser Gebäudekomplex, unser „ Feldherrenhügel“ hier in späteren Zeiten auch einmal ein Museum werden, und diese Klasse ist dann verstreut in alle Welt, die so hoffe ich doch noch unter einem gutem sozialistischen Stern oder eben auch nicht stehen wird!“
„Und eines Tages, vielleicht in 33 Jahren auf den Tag genau finden sie sich wieder hier zusammen, stehen so auf dem Hof wie heute und werden über die Vergangenheit reden, eventuell zum Abend in eine Kneipe gehen, gut essen und trinken, ehrliche Gespräche führen, so wird es sein.“
Und zwei Männer und ihre Träume standen noch eine Weile am Fenster und schauten in den Innenhof.
Dienstag, 5. März 2013
Die große Reise des Chaim Jahudin zum Mittelpunkt der Erde, der Geschichte 16.Teil, Ort, die Stadt O nahe der sowjetischen Garnison am Nachmittag des 9.Tages.
„Max, die Russen kommen, die Russen kommen“, dieser Satz ging Max Grünrock, Oberförster in O. nicht mehr aus dem Sinn.
„Der Alte macht mich noch ganz verrückt, mit seinem ständigen Gebrabbel aus der alten Zeit“, die doch längst Vergangenheit war, schon lange abgelegt, in der Schule bis zum Erbrechen durchgekaut worden war, so dachte er und der „ Alte“ war sein achtundachtzigjähriger Vater Josyf, wohnhaft im Pflegeheim am Schneewittchenweg und das wiederum grenzte an die Bahnstrecke nach Schwerin . Man dachte sich wohl damals schon, als das neue Heim errichtet wurde, es würde die alten Leutchen nicht stören, ständig etwas Betrieb vor der Nase zu haben. So würde es nie langweilig werden und auf der Strecke war immer was los.
Manchmal wackelten richtig die Wände, wenn die Schnellzüge in etwa fünfzig Meter Entfernung mit 120 Stundenkilometern vorbeirauschten und der Alte saß ständig am offenen Fenster, Winter wie Sommer und wollte seine Züge sehen. Der würde sich noch mal den Tot holen, aber wohl erst, wenn er Hundert würde!
„Seine Züge“, seine 1 D2-Heißdampf-Zwillings-Schnellzugslokomotive Baujahr 1935, die er früher selbst als Heizer geführt hatte und er erzählte damals ständig von einem gewissen Steckel, dem Lokomotivführer Steckel mit dem er immer nach Auschwitz unterwegs war…ja, bis die Russen ihn am Arsch gekriegt hatten, so im Juni 1945 herum in der längst vergangenen Zeit und ihn dann gleich mit nach Russland genommen hatten, zusammen mit diesem Steckel, denn Lokomotivführer und Heizer mit Berufserfahrung wurden gebraucht, im großen Lande Lenins und diesem Väterchen Jossif Stalins, von dem sein Vater dummerweise noch den ähnlichen Vornamen trug.
Aber deswegen hatte er wohl überlebt und der Steckel nicht, den der Typhus hinweggerafft hatte.
Erst mussten sie mit tausenden Anderen, auch vielen deutschen Frauen darunter die alten Gleisanlagen in harter Knochenarbeit wieder aufbauen, die diese Wehrmacht mit dem Schienenwolf bei ihrem Rückzug komplett zerstört hatte, und dann, so ab dem Tode Stalins 1953 herum, da durften er wieder eine neue Lok führen, nachdem er die Umschulung zum Dampflokschlosser bestanden hatte und unterwegs war er diesmal auf dem alten Handelsweg, der „Großen Sibirischen Eisenbahn“, die mit ihren 9470 Kilometern Länge die kürzeste und bequemste Verbindung zwischen Europa und den Ländern des Fernen Ostens war.
Ja, ja, sein Vater konnte schöne Geschichten erzählen und nur wenn er, der kleine Max immer auf das Thema Auschwitz kam, blockte der Alte ab, musste auf einmal seinen Mittagsschlaf halten, die Mutter komischerweise gleich mit, ob sie wollte oder nicht, und er lauschte dann immer an der Schlafzimmertür und hörte viele Ah…Oh, so als würde die Mutter singen oder der Vater musste seine Briefmarkensammlung sortieren obwohl noch fünf Minuten vorher seine Auge im Eifer des Erzählens wie wild und hellwach geglänzt hatten.
Später dann wusste Max , warum? Nun hatte der Alte schon früher einen Fotofimmel, auch damals auf der Rampe in Auschwitz hatte er immer heimlich aus dem Führerstand der Lok seine Fotos gemacht und Max wusste schon als Kind, wo der Schuhkarton mit den alten vergilbten Fotos, ja, wo der Alte ihn versteckt hatte. Da sah er Kinder, die waren so alt wie er damals, bevor er in die Schule kam, und ihre Mütter hielten sie fest, ganz fest an sich gepresst. In der Schule, im Geschichtsunterricht erfuhr er dann, was mit ihnen geschehen war, und das ließ ihn nicht wieder los, er musste seinen Vater darüber löchern, ob er damals schon um die Zusammenhänge wusste, aber der hatte auf einmal Gedächtnislücken, der alte listige Fuchs.
„ War er deswegen ein Förster, ein Jägermeister geworden, um die alten Füchse zu überlisten“ und Max musste bei diesem Gedanken jetzt leise lachen? Denn seine engsten und treuesten Freunde nannten ihn scherzhaft „Salve Einundfünfzig Tot“, aber das hing wohl eher mit seiner Liebe zum Kartenspiel und den Waffen, so der alten Makarow zusammen, die er gesetzeswidrig im Schrank liegen hatte, eigentlich schon längst hätte abgeben müssen. Aber deswegen war er seinem Vater nicht böse, im Gegenteil, er mochte ihn sehr, und so schenkte er ihm zu seinem achtzigsten Geburtstag eine teure Spiegelreflexkamera der neuesten Sorte, eine PRAKTICA super TL von PENTACON, weil er wusste, sie besitzt eine gute Bildschärfe. Das bereute er, Max heute noch , und hätte er nur nicht dieses Geschenk gewählt sondern ein anderes, denn ständig wollte der Alte seine Filme entwickelt haben und da ging viel Zeit und Geld drauf, die er lieber im Wald verbracht hätte.
Denn schon im Entwicklerbad sah er das Endresultat und das waren Lokomotiven über Lokomotiven der unterschiedlichsten Bauart und was davon hier so im Lande alles vorhanden war, das war schon erstaunlich. Volle zwei Wände in seinem kleinen Zimmer hatte der Vater damit zugekleistert und schon wieder lag ein Film in seiner kleinen Dunkelkammer in der Schale und die ersten Umrisse waren schon zu erkennen….doch da stutzte Max Grünrock, rieb sich die Augen aber das was er sah war noch unverändert auf dem Negativ…und er hielt es gegen das Licht…es verschlug ihm die Sprache, da hing ein Mensch außen an einem der letzten Güterwagons eines der Kohlezüge , die von Senftenberg, dem Senftenberger Kohlerevier nach Hamburg täglich hier um eine bestimmte Zeit die Strecke befuhren und Minuten später, das Bild war entwickelt und vergrößert hatte er Gewissheit, der Alte hatte Recht, die Russen waren nicht gekommen, sie waren unterwegs, wohl illegal unterwegs. Es war wohl ein Soldat aus der hiesigen Garnison und komisch, nicht mal der Buschfunk in seiner SED-Kreisleitung hatte geflüstert? Irgendwie kam ihm die Sache spanisch vor,
das musste er unbedingt mit ABV besprechen, seinem Freund aus dem Jagdkollektiv und er nahm jetzt das Vergrößerungsglas und tatsächlich, das war ein sowjetischer Soldat in Tarnuniform , dies war auf dem Farbfilm deutlich trotz der Nachtaufnahme zu erkennen und er hing an einem Seil wie ein Trapezkünstler und versuchte wohl den zweitletzten Wagen zu erklimmen.
Er musste auch den Alten fragen, wann diese Aufnahme entstanden war und hoffentlich hatte er nicht wieder seine Aussetzer, das alte Schlitzohr, so wie zu seiner Kinderzeit.
Also der Vater hatte eine verdammt ruhige Hand für sein Alter, das musste er neidlos anerkennen, der knipste wie ein junger Gott aber eben im Kopf war er nicht mehr so helle und Max dachte mit Grausen daran, ob er selbst einmal so ein hohes Alter erreichen würde?
Dann schon lieber vorher tot umfallen, so bei der Jagd, dann konnten sie ihn gleich mit Jagdhörnerklang und Halali im Kreise seiner Schützen beerdigen, so schön in der Reihe mit den Rothirschen, den Damhirschen und dem Schwarzwild.
„Max, die Russen kommen, die Russen kommen“, dieser Satz ging Max Grünrock, Oberförster in O. nicht mehr aus dem Sinn.
„Der Alte macht mich noch ganz verrückt, mit seinem ständigen Gebrabbel aus der alten Zeit“, die doch längst Vergangenheit war, schon lange abgelegt, in der Schule bis zum Erbrechen durchgekaut worden war, so dachte er und der „ Alte“ war sein achtundachtzigjähriger Vater Josyf, wohnhaft im Pflegeheim am Schneewittchenweg und das wiederum grenzte an die Bahnstrecke nach Schwerin . Man dachte sich wohl damals schon, als das neue Heim errichtet wurde, es würde die alten Leutchen nicht stören, ständig etwas Betrieb vor der Nase zu haben. So würde es nie langweilig werden und auf der Strecke war immer was los.
Manchmal wackelten richtig die Wände, wenn die Schnellzüge in etwa fünfzig Meter Entfernung mit 120 Stundenkilometern vorbeirauschten und der Alte saß ständig am offenen Fenster, Winter wie Sommer und wollte seine Züge sehen. Der würde sich noch mal den Tot holen, aber wohl erst, wenn er Hundert würde!
„Seine Züge“, seine 1 D2-Heißdampf-Zwillings-Schnellzugslokomotive Baujahr 1935, die er früher selbst als Heizer geführt hatte und er erzählte damals ständig von einem gewissen Steckel, dem Lokomotivführer Steckel mit dem er immer nach Auschwitz unterwegs war…ja, bis die Russen ihn am Arsch gekriegt hatten, so im Juni 1945 herum in der längst vergangenen Zeit und ihn dann gleich mit nach Russland genommen hatten, zusammen mit diesem Steckel, denn Lokomotivführer und Heizer mit Berufserfahrung wurden gebraucht, im großen Lande Lenins und diesem Väterchen Jossif Stalins, von dem sein Vater dummerweise noch den ähnlichen Vornamen trug.
Aber deswegen hatte er wohl überlebt und der Steckel nicht, den der Typhus hinweggerafft hatte.
Erst mussten sie mit tausenden Anderen, auch vielen deutschen Frauen darunter die alten Gleisanlagen in harter Knochenarbeit wieder aufbauen, die diese Wehrmacht mit dem Schienenwolf bei ihrem Rückzug komplett zerstört hatte, und dann, so ab dem Tode Stalins 1953 herum, da durften er wieder eine neue Lok führen, nachdem er die Umschulung zum Dampflokschlosser bestanden hatte und unterwegs war er diesmal auf dem alten Handelsweg, der „Großen Sibirischen Eisenbahn“, die mit ihren 9470 Kilometern Länge die kürzeste und bequemste Verbindung zwischen Europa und den Ländern des Fernen Ostens war.
Ja, ja, sein Vater konnte schöne Geschichten erzählen und nur wenn er, der kleine Max immer auf das Thema Auschwitz kam, blockte der Alte ab, musste auf einmal seinen Mittagsschlaf halten, die Mutter komischerweise gleich mit, ob sie wollte oder nicht, und er lauschte dann immer an der Schlafzimmertür und hörte viele Ah…Oh, so als würde die Mutter singen oder der Vater musste seine Briefmarkensammlung sortieren obwohl noch fünf Minuten vorher seine Auge im Eifer des Erzählens wie wild und hellwach geglänzt hatten.
Später dann wusste Max , warum? Nun hatte der Alte schon früher einen Fotofimmel, auch damals auf der Rampe in Auschwitz hatte er immer heimlich aus dem Führerstand der Lok seine Fotos gemacht und Max wusste schon als Kind, wo der Schuhkarton mit den alten vergilbten Fotos, ja, wo der Alte ihn versteckt hatte. Da sah er Kinder, die waren so alt wie er damals, bevor er in die Schule kam, und ihre Mütter hielten sie fest, ganz fest an sich gepresst. In der Schule, im Geschichtsunterricht erfuhr er dann, was mit ihnen geschehen war, und das ließ ihn nicht wieder los, er musste seinen Vater darüber löchern, ob er damals schon um die Zusammenhänge wusste, aber der hatte auf einmal Gedächtnislücken, der alte listige Fuchs.
„ War er deswegen ein Förster, ein Jägermeister geworden, um die alten Füchse zu überlisten“ und Max musste bei diesem Gedanken jetzt leise lachen? Denn seine engsten und treuesten Freunde nannten ihn scherzhaft „Salve Einundfünfzig Tot“, aber das hing wohl eher mit seiner Liebe zum Kartenspiel und den Waffen, so der alten Makarow zusammen, die er gesetzeswidrig im Schrank liegen hatte, eigentlich schon längst hätte abgeben müssen. Aber deswegen war er seinem Vater nicht böse, im Gegenteil, er mochte ihn sehr, und so schenkte er ihm zu seinem achtzigsten Geburtstag eine teure Spiegelreflexkamera der neuesten Sorte, eine PRAKTICA super TL von PENTACON, weil er wusste, sie besitzt eine gute Bildschärfe. Das bereute er, Max heute noch , und hätte er nur nicht dieses Geschenk gewählt sondern ein anderes, denn ständig wollte der Alte seine Filme entwickelt haben und da ging viel Zeit und Geld drauf, die er lieber im Wald verbracht hätte.
Denn schon im Entwicklerbad sah er das Endresultat und das waren Lokomotiven über Lokomotiven der unterschiedlichsten Bauart und was davon hier so im Lande alles vorhanden war, das war schon erstaunlich. Volle zwei Wände in seinem kleinen Zimmer hatte der Vater damit zugekleistert und schon wieder lag ein Film in seiner kleinen Dunkelkammer in der Schale und die ersten Umrisse waren schon zu erkennen….doch da stutzte Max Grünrock, rieb sich die Augen aber das was er sah war noch unverändert auf dem Negativ…und er hielt es gegen das Licht…es verschlug ihm die Sprache, da hing ein Mensch außen an einem der letzten Güterwagons eines der Kohlezüge , die von Senftenberg, dem Senftenberger Kohlerevier nach Hamburg täglich hier um eine bestimmte Zeit die Strecke befuhren und Minuten später, das Bild war entwickelt und vergrößert hatte er Gewissheit, der Alte hatte Recht, die Russen waren nicht gekommen, sie waren unterwegs, wohl illegal unterwegs. Es war wohl ein Soldat aus der hiesigen Garnison und komisch, nicht mal der Buschfunk in seiner SED-Kreisleitung hatte geflüstert? Irgendwie kam ihm die Sache spanisch vor,
das musste er unbedingt mit ABV besprechen, seinem Freund aus dem Jagdkollektiv und er nahm jetzt das Vergrößerungsglas und tatsächlich, das war ein sowjetischer Soldat in Tarnuniform , dies war auf dem Farbfilm deutlich trotz der Nachtaufnahme zu erkennen und er hing an einem Seil wie ein Trapezkünstler und versuchte wohl den zweitletzten Wagen zu erklimmen.
Er musste auch den Alten fragen, wann diese Aufnahme entstanden war und hoffentlich hatte er nicht wieder seine Aussetzer, das alte Schlitzohr, so wie zu seiner Kinderzeit.
Also der Vater hatte eine verdammt ruhige Hand für sein Alter, das musste er neidlos anerkennen, der knipste wie ein junger Gott aber eben im Kopf war er nicht mehr so helle und Max dachte mit Grausen daran, ob er selbst einmal so ein hohes Alter erreichen würde?
Dann schon lieber vorher tot umfallen, so bei der Jagd, dann konnten sie ihn gleich mit Jagdhörnerklang und Halali im Kreise seiner Schützen beerdigen, so schön in der Reihe mit den Rothirschen, den Damhirschen und dem Schwarzwild.
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